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Tuchel

© dpa

Thomas Tuchel: Mainzer Zaunkönig

Unter Trainer Thomas Tuchel entdeckt der FSV die alte Heimstärke wieder. Für so viel Erfolg greift er schon mal zu ungewöhnlichen Methoden.

Ein ganz klares Ziel hatte Thomas Tuchel. „Unsere Gegner sollen wieder Bauchweh haben, wenn sie zum Bruchweg hochfahren“, hatte Tuchel angekündigt, als er Anfang August vom A-Junioren- zum Bundesligatrainer befördert und beim Erstligaaufsteiger Mainz 05 Nachfolger von Jörn Andersen geworden war. Die Heimstärke des FSV, die unter dem Norweger verloren gegangen war sollte schnellstmöglich wieder hergestellt werden. Nun ist klar: Die Ankündigung Tuchels war keine leere Worthülse. Nach dem vierten Heimsieg in Folge und insgesamt 13 Punkten zu Hause ist Mainz hinter dem punktgleichen Hamburger SV das zweitbeste Heimteam der Liga.

Auch den SC Freiburg schlugen die Mainzer 3:0, nachdem zuvor bereits Bayern München, Hertha BSC und Hoffenheim die Punkte in Mainz gelassen hatten. Für so viel Erfolg greift Thomas Tuchel schon mal zu ungewöhnlichen Methoden: Gegen Bayern hatte er seine Elf mit einer Sequenz aus dem Film „An jedem verdammten Sonntag“ eingestimmt, gegen Hoffenheim mit einem Video, das den „Haka“, den Kriegstanz der Maori zeigte, dargeboten vom der neuseeländischen Rugbynationalteam. Gegen Freiburg reichte jedoch eine eher klassische Ansprache des Trainers. „Wir haben das Gefühl, dass zu Hause der Platz enger ist als auswärts, auch weil unsere Fans uns fast auf dem Rücken sitzen und unser zwölfter Mann sind“, sagte Spielmacher Andreas Ivanschitz, der gegen Freiburg das 1:0 erzielte, zur Heimstärke seines Teams. „Die Jungs haben zu Hause eine breite Brust. Sie glauben an sich. Das ist wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung“, sagte Tuchel.

Mit seiner Taktik, die offensiven Außenbahnspieler Tim Hoogland und Chadli Amri oft ihre Positionen tauschen zu lassen, trug der 36-Jährige zum Sieg nach einer durchschnittlichen Leistung der Mainzer bei. Während der gelernte Abwehrspieler Hoogland, der im rechten Mittelfeld begonnen hatte, lange Zeit auf der linken Seite spielte, erstmals in der Bundesliga zwei Tore erzielte, bereitete der überraschend aufgebotene Amri das Tor von Ivanschitz mustergültig vor. „Zur Zeit läuft es bei uns perfekt. Das Kollektiv ist die einzige Chance, die wir haben. Und Thomas Tuchels Ideen. „Es ist eine große Motivation, wenn du auf dem Trainingsplatz merkst, dass es da gewisse Ansätze gibt, wie du den Gegner knacken kannst“, sagte Hoogland und fügte an, „dass ich zum allerersten Mal links gespielt habe.“ Tuchel kommentierte dies grinsend mit den Worten, „Hoogi soll nicht jammern, er kann das.“

Sein Team habe eindrucksvoll bewiesen, dass es mehr kann als nur leidenschaftlich und aggressiv zu spielen, fügte der Coach an, der sich darüber geärgert hatte, dass Freiburgs Trainer Robin Dutt den Mainzern vor der Partie nur diese beiden Eigenschaften, nicht aber ihre spielerische Klasse als Gründe für ihre Heimstärke zugeschrieben hatte. Umso zufriedener war Tuchel nach dem um zwei Tore zu hoch ausgefallenen Sieg. Weshalb er danach – wie von der Anhängern gefordert – auch erstmals auf den Zaun vor dem Fanblock kletterte.

Jürgen Heide[Mainz]

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