zum Hauptinhalt
Capello

© dpa

Three Lions: Danke fürs Kommen

Englands neuer Trainer Fabio Capello macht bei seiner Vorstellung einen guten Eindruck, ohne viel zu sagen. Der Frage nach der taktischen Ausrichtung weicht er geschickt aus.

Hinterher waren die englischen Kollegen überrascht: „So sympathisch hatte ich ihn mir gar nicht vorgestellt“, beichtete der Fußballchef der „Sun“ der Reporterin vom italienischen Staatsfernsehen. Ja, Fabio Capello hinterließ vor gut 100 Journalisten im Royal Lancaster Hotel einen sehr guten Eindruck, und dass, obwohl er am Montagmittag wenig bis gar nichts sagte. Nach einem etwas knatternden englischen Satz – „Ich bin sehr stolz und fühle mich geehrt, der englische Nationaltrainer zu sein“ – wechselte er schnell in seine Heimatsprache, um Antworten zu liefern, die zwar alles offenließen, aber dafür sehr präzise klangen. „Ich werde mit Spielern und Trainern sprechen, um die Probleme der Nationalelf herauszufinden“, kündigte der überhaupt nicht knorrige Friauler an.

Natürlich würde er gerne einen Engländer im Stab haben, um Land und Kultur besser zu verstehen; im Übrigen habe er vor, in einem Monat Englisch zu beherrschen. Bis auf eine schnippische Frage nach seinem Gehalt – er verdient künftig acht Millionen Euro jährlich – bekam er keinen echten Gegenwind. Verbandschef Brian Barwick hatte ihn stolz als einen „Winner mit großem W“ angekündigt, und das Gros der Fußballnation teilt diese Ansicht.

England liegt nach der verpatzten EM-Qualifikation am Boden und sucht sein Heil in den Armen eines starken, erfolgreichen Mannes, der den verhätschelten Granden metaphorisch in den Allerwertesten treten soll. Die Nationalität des Retters spielt, erstaunlicherweise, kaum eine Rolle. Die „Sun“ wünschte dem Neuen schon vor einer Woche alles Gute im Amt und übersetzte hilfreich „Drei Löwen auf dem Trikot“ ins Italienische. „CAP IN HAND“, lautete die dazugehörige Titelzeile. Man kann das sinngemäß mit „Wir haben Capello“ übersetzen, aber auch mit den Worten „Wir müssen betteln“.

Man fühlt sich in England beinahe geschmeichelt, dass sich ein internationaler Spitzenmanager dazu herablässt, den maroden Laden zu übernehmen. Jeff Powell von der „Daily Mail“, der Capellos schwedischen Vorgänger Sven-Göran Eriksson einst als „Hammerwerfer“ verunglimpfte, ist mittlerweile der letzte nationalistische Rufer. „Heute ist kein Grund zum Feiern, sondern ein Tag für Büßerhemd und Asche auf dem Haupt“, polterte der Schreiber, „wir haben schon wieder unsere Seele verkauft, dieses Mal an einen Haufen Italiener.“ Wenn schon, dann wäre Weltmeistertrainer Marcello Lippi die bessere Wahl gewesen.

Ganz ernst genommen wird der Erzkonservative aber nicht mal mehr von seinem eigenen Blatt. Powells Hochnäsigkeit findet wenig Interesse, man ist zu desillusioniert, um sich noch an die natürliche Vormachtstellung der (Fußball-)Nation England zu klammern.

„Fabio soll uns unseren Stolz zurückgeben“, sagte Verbandschef Barwick. „Eine große Aufgabe“, sagte Capello, der wohl vorwiegend als Sportpsychologe wirken muss. Dass kein Engländer in die engere Auswahl für den Posten gekommen war, sei ein Armutszeugnis für den Verband, musste sich Barwick vorwerfen lassen, doch diese Diskussion wird ein anderes Mal geführt. Der Tag gehörte Fabio. Cool, selbstbewusst, aber nicht ohne Charme präsentierte sich der 61-Jährige im Ballsaal des Hotels. Keinen einzigen Nationalspieler erwähnte er namentlich, nicht einmal John Terrys Kapitänsbinde wollte er garantieren. „Leistung, Einstellung und Benehmen“ seien entscheidend. Die Einmannkavallerie reitet offiziell am 7. Januar in die Stadt ein, dann beginnt das Arbeitsverhältnis. Der Frage nach der taktischen Ausrichtung seiner Elf wich Capello geschickt aus. „Das System hängt von den verfügbaren Spielen ab“, sagte er, „ich habe das Glück, bis zur WM-Qualifikation im September Zeit für Experimente zu haben.“

Nein, über Nacht werde er sich kaum vom italienischen Technokraten in einen englischen Löwen verwandeln, aber: „England hat den Erfolgswillen und den Patriotismus – ich muss beides nur aus den Spielern herauskitzeln.“ Geld sei „wichtig, aber sekundär“, sagte er noch. Da stimmte ihm Verbandschef Brian Barwick schnell zu. „Man muss wissen, dass die Football Association in den kommenden vier Jahren mehr als eine Milliarde Pfund (1,4 Milliarden Euro) umsetzen wird“, sagte Barwick. „Egal, welche Summen hier genannt werden – falls Fabio es schafft, England wieder aufzurichten, ist das Geld gut angelegt.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false