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Tibor Pleiß, 20, gewann letzte Saison mit Bamberg Meisterschaft und Pokal. Zum Auftakt der WM in der Türkei trifft der Center heute mit Deutschland auf Argentinien.

© p-a/Fishing4

Tibor Pleiß: "Dann kommen die Träume ins Spiel"

Tibor Pleiß über die Chancen des deutschen Teams bei der Basketball-WM, seine NBA-Hoffnungen – und Aufnahmerituale.

Herr Pleiß, in einem Vorbereitungsspiel für die heute beginnende Basketball-WM haben Sie Ihren türkischen Gegenspieler Ömer Asik beim Wurf geblockt. Können Sie sich noch erinnern, was Sie direkt nach dieser Aktion gemacht haben?

Ääh ... ich habe ihm richtig ins Gesicht gebrüllt. Das tut manchmal ganz gut, wenn man seine ganze Energie rauslassen kann.

Ein ähnlicher Gefühlsausbruch wäre Ihnen vor einem Jahr nicht passiert. Damals haben Sie die Europameisterschaft als schüchterner Neuling im deutschen Nationalteam eher als Zuschauer verfolgt. Jetzt sind Sie eine der Säulen des Teams.

Ich habe im vergangenen Jahr einfach einen großen Sprung gemacht. Nach meinem Wechsel nach Bamberg habe ich sofort das Vertrauen des Trainers bekommen. Ich habe hart für meinen Platz im Team gearbeitet, ich war im Kraftraum, auch wenn wir eigentlich einen Tag freihatten. Mit jeder Minute, die ich auf dem Platz gestanden habe, habe ich mich verbessert. Und jetzt fühle ich mich bereit, um bei der WM mitzumachen.

Ohne die Routiniers Patrick Femerling und Sven Schultze haben Sie in der Vorbereitung 54:82 gegen Griechenland verloren. Hatten Sie da die Sorge, die Nationalmannschaft könnte bei der WM untergehen?

Am Anfang war dieses Gefühl schon da, gegen die Griechen haben wir sicher sehr schlecht ausgesehen. Die nächsten Spiele waren dann aber schon besser, heute sind wir ein ganz anderes Team. Wir sind sehr jung – das kann aber auch ein Vorteil sein. Die meisten von uns kennen sich schon aus der Jugend, wir werden noch weiter zusammenwachsen.

Die deutsche Mannschaft ist im Schnitt 24,5 Jahre alt, sieben Spieler sind 22 Jahre alt oder jünger. Tritt in der Türkei eine neue deutsche Basketballgeneration an?

Ich denke schon. Dadurch, dass wir alle auf der gleichen Altersstufe sind, werden wir die Zukunft bilden. Das war damals bei den Spielern um Sven Schultze und Patrick Femerling genauso, das war auch eine eigene Generation.

Eine Generation, zu der auch Dirk Nowitzki gehört. Wie enttäuscht waren Sie, als er für die WM abgesagt hat?

Ich hätte mich schon sehr gefreut, wenn er dabei gewesen wäre. Ich hätte mir im Training und in den Spielen sehr viele Sachen abgucken können. Das Gleiche gilt für Chris Kaman – was ich von dem alles hätte lernen können! Dafür hätte ich mich auch gerne auf die Bank gesetzt.

Sie könnten Kaman und Nowitzki bald in der NBA begegnen, im Draft wurden sie als 31. Spieler gewählt und könnten bald in Oklahoma spielen. Trotzdem bleiben Sie zumindest noch ein Jahr in der Bundesliga. War das eine schwierige Entscheidung?

Ich war nach Saisonende in Oklahoma und habe allen dort Guten Tag gesagt. Wir waren uns einig, dass ich noch mehr Spielerfahrung sammeln soll – die vergangene Saison war ja mein erstes echtes Bundesligajahr. Ein oder zwei Jahre soll ich auf jeden Fall noch in Europa spielen. Ich hatte Angebote von Real Madrid, Lottomatica Rom und anderen europäischen Topteams – ich habe mich aber entschieden, in Bamberg zu bleiben. Ich kann in der neuen Saison in der Europaliga spielen, das ist vom Niveau her mit der WM vergleichbar. Ich bin mir sicher, da kann ich den nächsten Schritt machen.

Dirk Nowitzki ist das positive Beispiel für deutsche Spieler, die das Interesse der NBA geweckt haben. Auf der anderen Seite steht ein Spieler wie Peter Fehse, der die hohen Erwartungen nie erfüllen konnte. Haben Sie Angst, Ihnen könnte es ähnlich ergehen?

Entschuldigung, wie war der Name?

Peter Fehse. Er wurde 2002 vom NBA-Klub Seattle an 48. Stelle gedraftet und als kommender Star gefeiert. Heute spielt er in der Regionalliga bei den BSW Sixers Bitterfeld-Sandersdorf-Wolfen.

Ich kenne ihn leider nicht. Es ist so: Bis jetzt habe ich mir immer Ziele gesetzt und geträumt. Früher war es mein Ziel, in der Bundesliga zu spielen, dann wollte ich in die Nationalmannschaft. Das hat alles gut funktioniert, indem ich einfach konzentriert gearbeitet habe und mich nicht habe beirren lassen. Ich bin aber noch ganz am Anfang, da kann noch viel kommen. Ich will einfach in die NBA. Deswegen möchte ich auch nicht darüber sprechen, was passiert, wenn es nicht klappen sollte.

Was sind denn Ihre Ziele und Träume für diese Weltmeisterschaft?

Das erste Ziel ist erst einmal, das Achtelfinale zu erreichen. Das wäre für unser junges Team schon eine große Leistung. Danach kommen die Träume ins Spiel.

Sie könnten im Achtelfinale auf die USA treffen, bei denen Kevin Durant, Ihr potenzieller Mitspieler in Oklahoma, der große Star ist.

Es ist immer ein Traum, gegen die USA zu spielen. Auch wenn die Superstars dieses Mal nicht dabei sind. Bei den Serben kenne ich Nenad Krstic …

… der zuletzt vor allem dadurch aufgefallen ist, dass er einem griechischen Spieler einen Stuhl an den Kopf geworfen hat und dafür für drei WM-Spiele gesperrt wurde …

… ich kannte ihn aber auch schon vorher, und jetzt fehlt er im Spiel gegen uns. Sonst sagen mir die Namen der meisten Spieler nicht wirklich viel. Ich versuche, keinen Respekt zu haben, und gegen jeden gleich hart zu spielen. Wenn ich wüsste, wo und wie die sonst spielen, könnte ich ja so etwas wie Ehrfurcht bekommen. Obwohl – die hätte ich wohl trotzdem nicht.

Die deutsche Mannschaft ist dafür bekannt, sich für neue Spieler immer kleine Gemeinheiten auszudenken, haben Sie sich jetzt schon etwas Fieses für die neuen Spieler Philipp Schwethelm und Christopher McNaughton überlegt?

Die haben ihre Aufgaben schon erfüllt, im Trainingslager.

Und was mussten die beiden erdulden?

Das bleibt innerhalb der Mannschaft. Ich bin aber immer noch der Jüngste und muss deshalb die ganzen Taschen tragen. Aber das macht mir nichts aus.

Das Gespräch führte Lars Spannagel.

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