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Timeout: Ich habe gedopt!

Sebastian Moll über die bröckelnde Mauer des Schweigens im Baseball.

Viele im Profi-Baseball waren erleichtert, als der US-Kongress vor 18 Monaten eine Kommission berufen hatte, um das Dopingproblem im Nationalsport Nummer eins zu untersuchen. Es hätte ja schlimmer kommen können: etwa ein Anti-Doping-Gesetz des Parlaments, um dem Unwillen des Sports beizukommen, das Problem zu bekämpfen. Doch wie es nun aussieht, hat sich der Baseball zu früh gefreut. Denn die Nachforschungen des ehemaligen Senators George Mitchell entpuppen sich als äußerst wirkungsvoll.

Mitchell hat nicht einmal die Mittel, Spieler, Masseure oder Trainer zur Aussage zu zwingen. Trotzdem scheinen seine Aktivitäten die Doper in die Enge zu treiben. So erklärte Ende vergangener Woche New-York-Yankees-Schlagmann Jason Giambi, mit Mitchell zu kooperieren. Giambi gehört zu jenen Spielern, die Ende der Neunzigerjahre sowohl durch ihren plötzlichen Muskelzuwachs als auch durch ihre Rekorde auffielen. Jetzt will Giambi Mitchell detailliert Auskunft geben, wann er welche Anabolika genommen hat. Auch wenn Giambi sich weigert, über Hintermänner und Mitspieler zu reden, ist es ein Durchbruch, vergleichbar mit den Geständnissen deutscher Radprofis.

Giambi wird der erste Spieler sein, der auspackt. Mindestens 35 könnten folgen. Deren Namen hat Kirk Radomski, früherer Masseur der New York Mets, der Staatsanwaltschaft in San Francisco genannt. Sie waren Radomskis Kunden, als er vor etwa zehn Jahren als Anabolika- Großhändler in der gesamten Liga tätig war. Der Staatsanwalt bot Radomski Hafterleichterung an, wenn dieser mit Mitchell zusammenarbeitet.

Mitchell wird seinerseits spätestens nach Abschluss seiner Untersuchung die von Radomski genannten Namen veröffentlichen. Die Spieler haben nun die Wahl, gleich auszusagen oder in ein paar Monaten bloßgestellt zu werden. Jason Giambi erschien Ersteres der bessere Weg. Der Baseball-Commissioner Bud Selig hat die Möglichkeit, Giambi auch ohne positiven Test zu sperren. Oder ihm Amnestie zu gewähren und somit die anderen 35 zur Aussage zu ermutigen. Eines kann Selig jedoch gewiss nicht mehr: so tun, als hätte der Baseball kein Dopingproblem.

An dieser Stelle erklären die US-Korrespondenten Matthias B. Krause und Sebastian Moll Phänomene aus dem nordamerikanischen Sport.

Sebastian Moll

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