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Sport: Timo Hildebrand

Wie Stuttgarts Torhüter den Titel gewann

Was Timo Hildebrand sich am Ende seines Arbeitstages erlaubt, erfüllt fast den Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung. Der Verletzung seines eigenen Körpers. Nach dem Abpfiff fällt der Torhüter des neuen Deutschen Meisters VfB Stuttgart auf den Rasen. Mit dem Gesicht nach unten liegt er da, Arme und Beine von sich gestreckt. Als Erster kommt Fernando Meira hinzu und weil auch der kollektive Wahnsinn ein Ziel braucht, stürmen alle Spieler des VfB auf das Duo zu, schmeißen ihre Körper auf Hildebrand. Als sich das Knäuel wieder auflöst, gibt es eine gute Nachricht zu vermelden: Timo Hildebrand lebt!

Und wie. Fortan wird er sich als Epizentrum der Stuttgarter Party-Crowd betätigen. Hildebrand verschwendet nach dem Abpfiff deutlich mehr Energie als davor. Nur selten stand der Torhüter während des Spiels im Fokus: In der fünften Minute hat er sich so postiert, dass Munteanu ihm den Ball nur noch gegen die Brust spitzeln kann. Munteanus Schuss mit dem Außenrist fängt er ab. Es ist Energies stärkste Phase, und es ist die, an deren Ende der VfB in Rückstand gerät. Gegen Radus Schuss aus kurzer Distanz hat Hildebrand keine Chance.

Auf der Anzeigetafel wird eingeblendet, wer bei der Wahl zum Spieler des Tages gerade in Führung liegt. Hildebrand steigert seine Quote von 50 Prozent der Stimmen im Laufe des Spiels auf 82. Mit der tagesaktuellen Leistung des Torhüters hat dieser Grad der Zustimmung wenig zu tun. Es ist eher wie bei einem Schauspieler, der am Ende seiner Karriere noch für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird. Hildebrand ist mit 28 Jahren zwar noch nicht am Ende seiner Karriere, aber am Ende seiner Zeit beim VfB. Zwölf Jahre hat er dem Klub angehört, 221 Bundesligaspiele bestritten, das gegen Cottbus ist sein letztes. „Die Freude überwiegt die Wehmut“, sagt er.

Während Markus Babbel, Dirk Heinen und Heiko Gerber, die gegen Cottbus nicht zum Kader gehören, schon vor dem Anpfiff offiziell verabschiedet werden, muss sich der Torhüter noch auf das Wesentliche konzentrieren. Er bekommt eine eigene Zeremonie nach dem Spiel. „Du bleibst einer von uns“, sagt Präsident Erwin Staudt. Hildebrand tritt allein vor die Fankurve. Roberto Hilbert kommt hinterher. Er hat die Meisterschale und drückt sie Hildebrand in die Hand. Das hat er sich verdient.

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