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Timo Ochs

© Ottmar Winter

Timo Ochs: Not verpflichtet

Torhüter Timo Ochs soll Herthas wackliger Defensive neue Sicherheit verleihen, vermutlich spielt er schon am Sonntag in Hoffenheim.

Berlin - Eigentlich ist es nicht das beste Zeichen, wenn bei der Bewertung eines Sportlers an erster Stelle seine nicht sportlichen Qualitäten lobend erwähnt werden. Im Fall von Timo Ochs trifft das nur bedingt zu. Natürlich sagen alle, die ihn kennen, dass er ein kluger Kopf sei und auch über die Kreidelinie seines Strafraums hinausblicke. Die ersten Eindrücke, die Herthas Manager Michael Preetz von dem 27-Jährigen gewonnen hat, waren auch nicht anders: „Er ist ein ganz klarer, intelligenter Junge.“ Dass dieser Satz gegen den neuen Torhüter des Berliner Fußball-Bundesligisten verwendet werden kann, ist allerdings Blödsinn. Über seine Klasse als Torhüter sind schon deshalb wenige verlässliche und aktuelle Aussagen zu treffen, weil es bei Ochs derzeit keine Aktualität gibt.

Im Dezember hat er sich einen Muskelbündelriss in der Hüfte zugezogen, seitdem hat Ochs nicht mehr gespielt. Schlimmer noch: Sein Vertrag bei Red Bull Salzburg wurde nicht verlängert. Nur deshalb konnte Hertha ihn nach Ablauf der Transferperiode noch verpflichten. Am Mittwoch, als seine neuen Kollegen gegen seine ehemaligen Kollegen von 1860 München im Pokal antraten, hat Ochs in Berlin mit Torwarttrainer Christian Fiedler trainiert, am Donnerstag war er mit den Reservisten auf dem Platz, am Freitag ist er mit der Mannschaft ins Trainingslager nach Bad Schönborn gereist. Und schon am Sonntag könnte er gegen Hoffenheim erstmals für Hertha im Tor stehen.

Auch wenn Trainer Lucien Favre sich öffentlich noch nicht festgelegt hat – alles andere als ein Einsatz des neuen Torhüters wäre widersinnig. „Er hat Erfahrung“, sagt Favre über Ochs. Erfahrung – das ist das, was a) Hertha als Tabellenletzter jetzt dringend benötigt und was b) Sascha Burchert leider nicht bieten kann. Burchert ist 19, er gilt als talentiert, aber er kann seinen Vorderleuten nicht unbedingt das Gefühl unbändiger Sicherheit geben. „In einer Situation, in der die ganze Mannschaft um ihre Form ringt, ist es für einen jungen Mann wie ihn doppelt und dreifach schwierig“, sagt Manager Preetz. Burchert ist ein Opfer der Verhältnisse geworden. „Er hat gut gespielt“, sagt Favre über dessen Auftritte gegen Ventspils, Freiburg und 1860. Erst vor einer Woche hatten sowohl Favre als auch Preetz Burchert das absolute Vertrauen ausgesprochen. Sechs Tage später setzten sie ihm einen Konkurrenten vor die Nase, der jetzt bis zur Genesung von Jaroslav Drobny wohl die Nummer eins sein wird.

„Es ist eine Versicherung“, sagt Favre über Ochs’ Verpflichtung. Eine Versicherung für den Fall, dass sich auch Burchert noch verletzen sollte. Dann müsste der 19 Jahre alte Patrick Sobtzik ins Tor. Ist das übertriebene Vorsicht? Oder gesunder Realitätssinn. „Unsere Verletztenmisere reißt nicht wirklich ab“, sagt Preetz. Als Nächsten hat es jetzt Cicero erwischt. Der Brasilianer hat sich in München einen Muskelfaserriss in der Wade zugezogen und fällt zwei Wochen aus. Dafür scheint Gojko Kacar die Anstrengung im Pokal gut überstanden zu haben. „Es ist nicht schlimmer geworden“, sagt Preetz.

Kacar könnte der Mannschaft in Hoffenheim mehr Stabilität verleihen, genauso wie Ochs, der von sich sagt: „Ich bin körperlich fit und bereit.“ Seit dem Ende der vorigen Saison hat er mit einem privaten Torwarttrainer gearbeitet – jetzt kann er sich auch wieder in der Praxis beweisen. Ochs will wieder dahin, wo er vor seinem Wechsel von 1860 München nach Salzburg schon einmal war: in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.

Vor vier Jahren, nach seinen ersten Einsätzen für die Münchner, ist der Torhüter sogar mit Oliver Kahn verglichen worden. „Er ist selbstbewusst, superprofessionell und ehrgeizig“, hat sein damaliger Torwarttrainer Peter Sirch über ihn gesagt. „Aber er hat auch eine gewisse Lockerheit.“ Doch egal wie gut Ochs in Hoffenheim halten sollte, am Donnerstag, bei Herthas Spiel in Lissabon, wird er nur Zuschauer sein. Der Torhüter ist nicht für die Europa League gemeldet, die Frist längst abgelaufen. Gegen Sporting müsste also Sascha Burchert wieder ins Tor, der gerade erst degradiert worden ist. Michael Preetz sieht darin kein Problem: „Wenn ein 19-Jähriger die Chance hat zu spielen, wird er sich darüber freuen.“

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