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Boll

© dpa

Tischtennis: Bewerbung mit Boll

Das große Tischtennis kommt nach Berlin - heute die German Open, 2012 vielleicht die WM.

Berlin - Timo Boll hat sich gestern ein bisschen mit Berlin versöhnt. An der Tischtennisplatte standen ihm zwei durchtrainierte Nationalspieler gegenüber, mit doppelt so dicken Waden wie seine, doch er gewann haushoch. Der beste deutsche Tischtennisspieler ließ zwei der besten deutschen Fußballspieler keine Chance. Nur drei Pünktchen gewannen Arne Friedrich und Heiko Westermann, und Friedrich sagte hinterher: „Ich wusste gar nicht, dass der Ball so fliegen kann, wie er ihn spielt.“

An seinen letzten Auftritt in Berlin hat Timo Boll etwas andere Erinnerungen. „Das war ziemlich katastrophal. Da bin ich als gefeierter Newcomer in der ersten Runde rausgeflogen.“ 15 Jahre war er damals alt und verlor 0:3 gegen den Bremer Frank Sternal, 1997 bei den deutschen Meisterschaften in der Schmeling-Halle. Seitdem hat Tischtennis mit nationalen und internationalen Meisterschaften einen Bogen um Berlin gemacht.

Bolls Freundschaftsspiel gegen die beiden Nationalkicker ist also der Anfang der Rückkehr nach Berlin. Die German Open finden von Mittwoch an im Velodrom statt. Die Chinesen und einige europäische Spitzenspieler kommen zwar nicht, aber es ist dennoch das bedeutendste Turnier in Deutschland. 8000 Karten sind verkauft, an den beiden Finaltagen erwarten die Veranstalter 5000 Zuschauer.

Vielleicht hatte Tischtennis lange zu viel Respekt vor Berlin, anders als Fußball, für den seit der WM 2006 Berlin eine feste Adresse ist. Deshalb hat die Nationalmannschaft Boll auch ins Hotel zum Spielen eingeladen. Nicht zuletzt durch Boll ist das deutsche Tischtennis jedoch selbstbewusster geworden und geht jetzt nicht nur über die Dörfer, sondern in die großen Hallen, in die großen Städte und jetzt auch in die größte Stadt der Republik. In Berlin hat es Tischtennis nicht leicht. Das liegt unter anderem an den vielen anderen Sportangeboten und auch ein bisschen am schweren Erbe der geteilten Stadt, denn in der DDR war Tischtennis auf Anordnung vernachlässigt worden. Keine olympische Sportart, also keine staatliche Förderung. Erst 1988 in Seoul feierte Tischtennis seine olympische Premiere.

Die Frauenmannschaft von 3B Berlin spielt immerhin in der Bundesliga und der Champions League und verpasste in den vergangenen Jahren nur knapp den deutschen Meistertitel. Von den 617 000 Mitgliedern des Tischtennis-Bundes kommt aber nur knapp ein Prozent Berlin. Dafür ist dieses eine Prozent sehr aktiv. Neben dem klassischen Ligaspielbetrieb gibt es Betriebsrunden und Kirchenligen, und vor allem die Seniorenligen weiten sich immer mehr aus. Bei den Senioren führen auch Berliner wie Nicolai Popal, Frank Kasiske oder Bernhard Thiel deutsche Ranglisten an oder haben sogar wie Dimo Bilic Weltmeistertitel gewonnen.

Mit den German Open soll Tischtennis sichtbarer werden in Berlin, zumal die Stadt noch einiges mit Tischtennis vorhat. Thomas Härtel, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Sport, verkündete jüngst die Absicht, in Berlin die Mannschafts-WM 2012 austragen zu wollen. Das würden auch drei andere deutsche Städte gerne. Bis zum Jahresende will sich der Deutsche Tischtennis-Bund entscheiden, mit welchem Kandidaten er ins Rennen geht. Die German Open mit vielen Zuschauern und einem stimmungsvollen Sieg von Timo Boll würden gut in die Bewerbungsunterlagen passen.

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