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Sieg unter Freunden. Patrick Baum (r.) nach seinem Erfolg gegen Dimitrij Ovtcharov – am Ende nutzte aber auch Baum diese Überraschung nicht, im Viertelfinale schied er aus.

© Reuters

Tischtennis-WM: Nur noch Asien bittet zu Tisch

Die Dominanz der Chinesen wird immer größer – bei der Tischtennis-WM bleibt Europa ohne Medaille. "Ich habe am oberen Limit gespielt und kann mir keinen Vorwurf machen", sagt Deutschlands Tischtennis-Star Timo Boll.

Tut mir leid. Als der Matchball noch einmal in Zeitlupe über die Leinwände im Palais Omnisports flimmerte, war von Patrick Baums Lippen sehr leicht abzulesen, was er bei der anschließenden kurzen Umarmung zu seinem Freund Dimitrij Ovtcharov sagte. Im Achtelfinale der Tischtennis-Weltmeisterschaften in Paris waren die beiden Nationalmannschaftskollegen aufeinandergetroffen, und Außenseiter Baum stoppte Ovtcharov, der neben Timo Boll als eine der größten europäischen Medaillenhoffnungen in dieses WM-Turnier gestartet war. Als auch Baum und Boll tags darauf als letzte Vertreter des Europas im Viertelfinale ausschieden, war klar: Alle 20 Medaillen würden an Asien gehen, davon allein 14 an die Chinesen. „Die Luft für Europa wird immer dünner“, konstatierte der Sportdirektor des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB), Dirk Schimmelpfennig.

Und obwohl der DTTB erstmals in der WM-Geschichte zwei Viertelfinalisten stellte, fiel auch die Bilanz aus deutscher Sicht nur durchschnittlich aus. „Drei Spieler im Achtelfinale, zwei unter den besten acht – das ist ordentlich. Aber für den DTTB ist eine WM nur dann gut, wenn wir auch Medaillen gewinnen“, sagte Schimmelpfennig. 2011 noch stieß Timo Boll als einziger Nicht-Chinese bis ins Halbfinale vor, dieses Mal waren die Akteure aus China in der Vorschlussrunde unter sich. Der an Position fünf gesetzte Linkshänder Boll zeigte im Viertelfinale gegen den Weltranglistenzweiten Ma Long zwar seine beste Turnierleistung, musste sich am Ende eines hochklassigen Matches aber mit 2:4 geschlagen geben. Sechs Monate hatte Boll international pausiert, zwei Sätze benötigte er, um sich auf das Niveau von Ma Long einzustellen. Dann lieferten sich beide einen Schlagabtausch auf Augenhöhe, der rund 10.000 Zuschauer faszinierte.

„Ich habe am oberen Limit gespielt und kann mir daher keinen Vorwurf machen“, sagte Boll. „Die Chinesen bringen immer noch einen Ball mehr zurück, als man vermutet.“ Auch Patrick Baum spielte bei seiner 1:4-Niederlage gegen den Olympiasieger Zhang Jike drei Sätze lang am Limit: Der EM-Zweite von 2010 und 2011 vergab beim Stand von 1:1-Sätzen eine 10:5-Führung – und brach dann ein. „Ich bin sehr enttäuscht, so eine Chance kriegt man vielleicht nur einmal im Leben“, sagte Patrick Baum. Für die Nummer 29 der Weltrangliste war der Viertelfinaleinzug dennoch ein gutes Ergebnis, das ihm auch Ovtcharov „von Herzen“ gönnte. „Ich war in dem Duell mit Patrick zu verkrampft“, sagte der Olympia-Dritte nach seinem Ausscheiden.

So gab es dann bei den Männern ein chinesisches Endspiel. Im letzten Finale des WM-Turniers in Paris wiederholte Zhang Jike am Pfingstmontag gegen Landsmann Wang Hao seinen Erfolg im Einzel von vor zwei Jahren. Der Titelverteidiger gewann schließlich 4:2.

Die deutschen Frauen waren im Einzel nicht über die dritte Runde hinausgekommen, im Doppel erreichten Kristin Silbereisen/Wu Jiaduo das Achtelfinale, in dem sie den Chinesinnen Li Xiaoxia/Guo Yue unterlagen. Viermal waren Deutschlands Frauen auf Chinesinnen getroffen, viermal gelang kein einziger Satzgewinn. „Das sind für uns eher Trainingsspiele“, sagte Bundestrainerin Jie Schöpp.

Olympiasiegerin Li Xiaoxia aus China wurde mit dem zweiten Titel zur erfolgreichsten Teilnehmerin der WM. Einen Tag nach ihrem Sieg im Einzel gewann sie mit ihrer Partnerin Guo Yue auch Gold im Damen-Doppel.

Dass die Chinesen die Weltmeistertitel im Herren-Doppel und Mixed Taiwan und Nordkorea überlassten mussten, war im Übrigen kein Zufall. In diesen Disziplinen hatte China nur die zweite Garde ins Rennen geschickt. Cheftrainer Liu Guoliang tat diese Entscheidung im Nachhinein aber nicht leid, sie sei vielmehr bewusst gewählt worden, sagte er. Denn auch er weiß: „Es ist gut für den Tischtennissport, wenn auch mal andere einen Titel gewinnen.“

Susanne Heuing

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