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Tito Vilanova erhielt bereits zum dritten Mal in den vergangenen 19 Monaten die Diagnose Krebs.

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Tito Vilanova: Die große Leere

Der Rücktritt des krebskranken Trainers Tito Vilanova bewegt Barcelona, seinen Weggefährten Josep Guardiola und viele Prominente aus der Welt des Fußballs. Der Verein will zeitnah einen Nachfolger bekannt geben - Kandidaten gibt es bereits.

Am kommenden Mittwoch hätten sich Pep Guardiola und Tito Vilanova gegenüberstehen sollen. Im Rahmen des Uli-Hoeneß-Cups treffen dann der FC Bayern und der FC Barcelona in der Münchener Arena aufeinander. Ein eigentlich unbedeutendes Freundschaftsspiel, wäre da nicht die Geschichte der beiden Trainer. Guardiola und Vilanova kennen sich seit Jugendtagen, sie besuchten zusammen als Nachwuchsspieler die Akademie des FC Barcelona, später führten sie den Klub als Trainer und Co-Trainer gemeinsam zu vierzehn von neunzehn möglichen Titeln.

In den vergangenen Tagen hatte es zwischen beiden Männern gekriselt. Zuerst beschwerte sich Guardiola, inzwischen beim FC Bayern angestellt, dass sein alter Arbeitgeber versucht hätte, einen Keil zwischen ihn und seinen Freund zu treiben. Vilanova antwortete prompt. Er belastete jedoch nicht Barcelonas Klubführung, sondern Guardiola. Der hätte ihn während seiner schweren Krankheit nicht besucht, obwohl sich beide zu diesem Zeitpunkt im fernen New York aufhielten. „Ich hätte ihn gebraucht, er ist mein Freund“, sagte Vilanova. „Aber vielleicht hat er das anders gesehen.“

In den nächsten Wochen wird Vilanova seine Freunde und seine Familie brauchen. Bei einer Untersuchung wurde der erneute Ausbruch von Ohrspeicheldrüsenkrebs festgestellt – zum dritten Mal in den vergangenen neunzehn Monaten. Deshalb gab sein Klub am Freitag den Rücktritt des Trainers bekannt. „Tito Vilanovas Behandlung ist nicht vereinbar mit seinen Aufgaben als Trainer der ersten Mannschaft“, sagte Barcelonas Präsident Sandro Rosell, der gemeinsam mit Sportdirektor Andoni Zubizarreta auf der Pressekonferenz sprach, auf der auch die Mannschaft anwesend war. Ein für Sonnabend geplantes Testspiel in Danzig wurde abgesagt. Vilanova war nicht anwesend, er soll aber nach seiner Genesung weiter im Verein beschäftigt werden. In welcher Funktion ist noch nicht klar.

Bis spätestens Dienstag will Zubizarreta einen Nachfolger bekannt geben. Dabei soll es sich um keine Interims-, sondern um eine Dauerlösung handeln. Als aussichtsreichste Kandidaten gelten die ehemaligen Barca-Spieler Ronald Koeman, Luis Enrique und Michael Laudrup. Dazu werden die Argentinier Marcelo Bielsa, Gerardo Martino sowie der aktuelle Co-Trainer Joan Francesc Ferrer gehandelt. Bei einer Blitzumfrage der Sportzeitung „El mundo deportivo“ sprachen sich die meisten Anhänger jedoch für Jupp Heynckes als neuen Trainer aus. Der hatte im Halbfinale der Champions League mit seinem FC Bayern gegen Barcelona triumphiert und die Vormachtstellung der Katalanen in Europa nach fünf Jahren beendet.

Unter Tito Vilanova spielte Barca die beste Hinrunde der spanischen Fußballgeschichte

Als Vilanova vor einem Jahr zum Chef befördert wurde, träumten sie in Barcelona von einer nahtlosen Fortsetzung der Guardiola- Zeit. Dessen einstiger Co-Trainer sollte die Philosophie einfach weiterführen. Guardiola-Fußball, nur ohne Guardiola. Zu Beginn klappte das ganz hervorragend, unter Vilanova spielte Barca die beste Hinrunde der spanischen Fußballgeschichte. Die Probleme begannen erst, als beim Trainer der erneute Ausbruch von Ohrspeicheldrüsenkrebs festgestellt wurde. Schon im November 2011 war er daran erkrankt. Vilanova musste sich in New York behandeln lassen, durfte aber trotzdem Trainer bleiben. Der Klub stand zu ihm. Nach vier Jahren der gefühlten Unbesiegbarkeit wagte man ein riskantes Experiment: Könnte die beste Mannschaft der Welt auch ohne Trainer auskommen? Sie konnte nicht. Während Vilanova in den USA weilte, kam Barca ins Schlingern. Bittere Niederlangen gegen Real Madrid und den AC Mailand waren die Folge. Nach Vilanovas Rückkehr scheiterte man grandios am FC Bayern. Die Rekordsaison mit 100 Punkten in der spanischen Meisterschaft und der damit verbundene Titel waren nur ein schwacher Trost.

Nach dem Bekanntwerden von Vilanovas erneuter Erkrankung schickten viele Prominente aus der Welt des Fußballs Genesungswünsche, darunter auch Vilanovas alter Widersacher José Mourinho. Am Samstag hat sich nun auch Guardiola geäußert. „Mir fällt es schwer, auf deutsch darüber zu reden“, sagte er am Rand des Testspiels gegen den Hamburger SV sichtlich bewegt. Und fügte schließlich nach einer Pause hinzu: „Ich liebe ihn. Ich wünsche ihm und seiner Familie jetzt ganz viel Kraft.“

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