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Tod des Hallenfußballs: Früher war mehr Winter

Der Terminplan der Bundesliga ist überaus eng geworden – da bleibt für den Hallenfußball kein Platz. Durch die kurze Winterpause stirbt ein langjähriger Brauch.

Gert Trinklein ist einer jener Menschen, die aus der Bundesliga Gott und die Welt kennen. Und so erzählt der 60 Jahre alte frühere Profi von Eintracht Frankfurt und Inhaber einer Sportveranstaltungsagentur auch gerne, wie er kürzlich wieder mal mit Felix Magath lange am Telefon debattiert habe. Es ging darum, ob der Trainer denn nicht mit dem Bundesliga-Tabellenzweiten FC Schalke 04 am traditionsreichen Frankfurter Hallenfußballturnier am ersten Sonntag nach Silvester teilnehmen könne. Mit dem VfL Wolfsburg hatte das Magath ja vergangenen Winter getan, „und danach sind sie in der Rückrunde durchgestartet“, erinnert Trinklein. „Wenn Felix mit Schalke Meister werden will, muss er wiederkommen.“ Doch trotz dieser Argumente kommen Magaths Schalker nicht – sie treten lediglich wie der Meister Wolfsburg mit einem besseren Reservistenaufgebot am Mittwoch beim von Dieter Burdenski ausgerichteten Hallenturnier in Oldenburg an. Der Terminplan ist eng geworden – da bleibt für den Hallenfußball kein Platz.

Auch Werders Cheftrainer Thomas Schaaf, eigentlich ein Freund dieser technisch betonten Spielform, lässt heute in Oldenburg lieber die U-21-Auswahl des Bremer Fußball-Verbandes mit Burdenski-Sohn Fabian auflaufen als seine Bundesligastars. Als Grund dafür hat er die Termingestaltung ausgemacht, die den frühesten Rückrundenstart seit 30 Jahren und eine radikal auf drei Wochen geschrumpfte Winterpause vorsieht: „Sie ist zu kurz, um zu regenerieren.“ Ähnlich denkt Ralf Rangnick und gewährt seinen Profis lieber einen Tag länger Urlaub, als am kommenden Samstag mit der TSG Hoffenheim am großen Hallenturnier in der Mannheimer Arena teilzunehmen, obwohl doch die Organisation in den Händen von Daniel Hopp liegt, Sohn des Hoffenheimer Mäzens Dietmar Hopp.

Nur bei Eintracht Frankfurt haben sich die Prioritäten nicht verschoben: Kaum sind die Spieler von Michael Skibbe im neuen Jahr aus dem Urlaub zurück, wird zweimal in der Halle gespielt: erst in Mannheim, tags darauf bei Trinkleins Turnier. „Wir halten die Tradition hoch“, sagt der Veranstalter. Aber wie lange noch? Auch im Rahmenterminplan 2010/2011 ist gerade der Rückrundenstart für Mitte Januar verankert worden, weil das Champions-League-Finale nun immer einen Samstag im Mai zur besten Fußballzeit blockiert. Dazu kommt, dass den Nationalmannschaften der Juni wegen eines großen Turniers oder den dafür erforderlichen Qualifikationsspielen freigehalten wird. Wolfgang Holzhäuser, Geschäftsführer von Bayer Leverkusen, betrachtet das als „Unding. Ich habe etwas dagegen, im Winter unter schweren Bedingungen spielen zu müssen, während die Nationalmannschaften auf grünem Rasen kicken können.“

Auch Herbstmeister Leverkusen bleibt wie 13 andere Bundesligisten der Halle ganz fern. Zum Leidwesen des Sportsenders DSF, der das Turnier in Oldenburg und Frankfurt im Angebot hat und nun sogar am Samstag den Hallenkick diverser Traditionsmannschaften aus Berlin überträgt, um noch 15 Stunden Hallenfußball live offerieren zu können. Früher waren es in einem Winter mehr als 100 Übertragungsstunden mit einer halben Million Zuschauer im Schnitt. Heute liegt die einst blühende und bis 2001 von DFB-Seite mit Hilfe eines offiziellen Masters-Titels aufgepäppelte Turnierlandschaft im Sterben. Überlebt haben noch kleine Events mit regionalem Anstrich wie der Schweinske-Cup in Hamburg, wo sich immerhin der Erstligaanwärter FC St. Pauli blicken lässt. Für das Erscheinungsbild des Hamburger SV ist Nico-Jan Hoogma zuständig: Der frühere Profi stellte die Truppe „Hoogmas Friends Hamburg“ aus ehemaligen HSV-Spielern zusammen. Statt nach Zauberfußball hört sich das nach faulem Zauber an.

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