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Timo Konietzka ist im Alter von 73 Jahren gestorben - er hatte in der Schweiz Sterbehilfe in Anspruch genommen.

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Update

Tod durch Sterbehilfe: Erster Bundesliga-Torschütze Timo Konietzka gestorben

Er hat für den TSV 1860 München und für Borussia Dortmund gespielt, ist Meister geworden und er hat das erste Tor der Bundesliga-Geschichte geschossen. Nun ist er gestorben - allerdings nicht auf natürlichem Weg.

Einmal war Timo Konietzka als Trainer von Bayer Uerdingen in Berlin. Schlecht gelaunt, was zum einen am tristen und auch in dieser Höhe verdienten 0:0 lag und zum anderen an dem Pappschild, das die Presseabteilung von Hertha BSC vor ihm platziert hatte und ihn als „Friedhelm Konietzka“ auswies. „Was soll das?“, grummelte der Mann und dass er den Geburtsnamen schon lange abgelegt habe, ganz offiziell für 400 Mark beim Standesamt, „das sollte sich doch irgendwann mal herumgesprochen haben“.

Den Spitznamen, der später sein richtiger wurde, hatte ihm ein Mitspieler bei Borussia Dortmund gegeben. Irgendwann zu Beginn der Sechziger Jahre, als er gerade von der Bundeswehr kam und das Haar so raspelkurz trug wie der sowjetische General Semjon Konstantinowitsch Timoschenko. Noch als Friedhelm Konietzka schoss er am 24. August 1963 das erste Tor der gerade gegründeten Bundesliga, nach einer halben Minute beim 2:3 seiner Borussia gegen Werder Bremen. Als Timo Konietzka ist er am Montag mit 73 Jahren gestorben.

Der Dortmunder Stürmer Timo Konietzka (rechts) wird im vom Bremer Verteidiger Max Lorenz angegriffen (Archivfoto vom 24.08.1963). Der 25-jährige Konietzka erzielte beim Start der Fußball-Bundesliga am 24.08.1963 vor 30.000 Zuschauern im ausverkauften Bremer Weserstadion nach nur 58 Sekunden die 1:0-Gäste-Führung und schoß damit das erste Tor der Bundesliga-Geschichte.
Der Dortmunder Stürmer Timo Konietzka (rechts) wird im vom Bremer Verteidiger Max Lorenz angegriffen (Archivfoto vom 24.08.1963). Der 25-jährige Konietzka erzielte beim Start der Fußball-Bundesliga am 24.08.1963 vor 30.000 Zuschauern im ausverkauften Bremer Weserstadion nach nur 58 Sekunden die 1:0-Gäste-Führung und schoß damit das erste Tor der Bundesliga-Geschichte.

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Mindestens genauso ärgerlich wie die ständige Namensverwechslung empfand es Konietzka, dass es von seinem berühmtesten Tor keine Fernsehbilder gibt, ja nicht einmal ein Foto. Lange nach seiner aktiven Karriere setzte der Wahl-Schweizer Konietzka 1000 Franken Belohnung für ein entsprechendes Dokument aus. „Ich habe alles versucht, es gibt keine TV-Bilder. Nur ich und die Zuschauer im Stadion können sich daran erinnern.“ In seiner Erinnerung ging das Tor so: Anstoß wir, Aki Schmidt spielte den Ball zu Franz Brungs, der passte zu unserem Linksaußen Lothar Emmerich, Flanke, Tor. 1:0 nach 35 Sekunden - mit dem rechten Fuß“, dabei war der linke sein starker.

Seine Bundesliga-Karriere überschattete ein Eklat

Bei der Borussia wird er Nationalspieler (drei Tore in neun Länderspielen) und 1963 letzter Deutsche Meister vor der Einführung der Bundesliga. Als Konietzka sich 1965 nach dem Gewinn des DFB-Pokals nach München zum TSV 1860 verabschiedet, versteht er zunächst kein Wort und steht kurz davor, als „Sau-Preiß“ zu scheitern. Vor diesem Schicksal bewahrt ihn das zweitwichtigste Tor seiner Karriere. Wieder ist es das Schnellste der gerade beginnenden Bundesligasaison, abermals in der ersten Spielminute, und das gegen den neureichen Aufsteiger FC Bayern. Solche Tore zählen auf Giesings Höhen doppelt und dreifach. Auch mit den Sechzigern gewinnt Konietzka die Meisterschaft, aber seine Karriere an der Grünwalder Straße endet mit einem Eklat.

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Am 8. Oktober 1966, beim Skandalspiel gegen seinen früheren Klub Borussia Dortmund. In einem Handgemenge nach einem irregulären Tor des Dortmunders Siegfried Held soll Konietzka den Schiedsrichter angegriffen haben. „Stoß vor die Brust, Tritt gegen das Schienbein, Wegschlagen der Trillerpfeife.“ So hält es Max Spinnler später in seinen Spielbericht fest. Bei der Verhandlung vor dem DFB-Sportgericht sagen auch die Dortmunder für ihren früheren Kumpel aus, aber der Verband bleibt hart und sperrt Konietzka für sechs Monate. Es ist die bis heute schwerste Strafe, die je gegen einen Bundesligaspieler für ein Vergehen auf dem Platz verhängt wurde. Konietzka sitzt sie bis zum letzten Tag ab.

Nach der Saison wechselt er überraschend in die Schweiz zum gerade abgestiegenen FC Winterthur, mit dem er die sofortige Rückkehr in die Nationalliga A schafft und später auch den Pokal gewinnt. Nach seinem Karriereende 1971 macht er sich einen Namen als Trainer, vor allem in der Schweiz, aber auch in Dortmund und in Uerdingen. In seinen letzten Lebensjahren betreibt Konietzka, seit 1988 Schweizer Staatsbürger, in Brunnen am Vierwaldstättersee eine Gastwirtschaft. 2010 übersteht er eine Herz-Attacke. Als zwei Jahre ein unheilbares Gallengangskarzinom diagnostiziert wird, kündigt Konietzka an, freiwillig aus dem Leben zu treten. Am Montag um 18.52 Uhr trinkt er einen von der Sterbehilfeorganisation Exit bereitgestellten Gift-Cocktail.

Weitere Informationen zum Thema Sterbebegleitung, Patientenverfügungen, Gallenblasenkrebs und Hospize finden Sie auf www.gesundheitsberater-berlin.de (dapd/Tsp)

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