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Sport: Togo schlägt sich selbst

Der WM-Neuling unterliegt Südkorea 1:2 – Trainer Pfister steht vor der Entlassung

Zu seiner WM-Premiere trug Otto Pfister Jeans und ein dunkles Hemd, geöffnet bis zur Brust, und eine Goldkette. So kleidet er sich wahrscheinlich auch daheim in der Schweiz, und da hatte er den Dienstag ja auch verbringen wollen bis die vielen Spieler aus Togo anriefen, die ganze Nacht durch. Also hat Pfister sich doch auf die Bank seiner afrikanischen Freunde gesetzt und sie angeleitet für das Vorrundenspiel gegen Südkorea. Es war ein furchtbar schlechtes Spiel. Togo hatte schon einen Fuß dran an der großen Überraschung und führte zur Pause 1:0. Dann aber flog Mannschaftskapitän Abalo vom Platz des Frankfurter WM-Stadions, und am Ende hieß es 2:1 für die Koreaner.

Gelassen ertrug Pfister die Niederlage und blieb nach dem Schlusspfiff ein paar Minuten auf der Bank sitzen. Vielleicht hat er darüber nachgedacht, wie es weitergehen soll mit ihm und der Mannschaft, deren Spieler ihm angeblich so ans Herz gewachsen sind, dass er sich hergegeben hat für eine der größten Possen der WM-Geschichte, einen mit markigen Worten verkündeten Rücktritt, von dem er nur zwei Tage später wieder zurücktrat. Herr Pfister, was sagen Sie zu Ihrem Comeback? „Kein Kommentar.“ Hat das Durcheinander eine bessere Leistung verhindert? „Das ist hypothetisch.“ So ging das noch ein paar Fragen weiter, bis Otto Pfister auch den Letzten von seinem Unwillen zur weiteren Aufklärung der togoischen Staatsaffäre überzeugt hatte, die mit ausbleibenden Prämienzahlungen an die Spieler begonnen hatte. Peinlich genau vermied der Kölner Fußballlehrer jeden Hinweis auf seine Rolle in den kommenden Spielen. „Wir werden jetzt nach Wangen zurückreisen und das nächste Spiel vorbereiten“ – diese Aussage, seine einzige zur Zukunft, lässt Raum für Interpretationen. Die von Assogbavi Komlan nicht. Am Mittwoch solle entschieden werden, ob Pfister Togo auch beim nächsten Spiel betreut, sagte Togos Generalsekretär und gab auch einen kleinen Hinweis darauf, wie die Chancen stehen: „Es war ein Fehler, dass Pfister zurückgekommen ist, ich war von Anfang an gegen ihn. Er trinkt zu viel.“

Angesichts dieser heillos verfahrenen Lage harmonierten Pfisters Spieler in ihrer ersten WM-Begegnung überhaupt noch erstaunlich gut. Nach einer halben Stunde traf Mohamed Kader zum 1:0 für den Außenseiter. Der Stürmer lief zwei der acht koreanischen Kims (Young-Chul und Jin-Kyu) davon und traf mit dem rechten Fuß in die linke Ecke.

Die Koreaner, immerhin WM-Vierter 2002, brachten in dieser ersten Halbzeit überhaupt nichts zustande. „Sie waren alle nervös, ich habe sie gar nicht wiedererkannt“, sagte Dick Advocaat, ihr holländischer Trainer. Vielleicht wäre das noch ein Weilchen so weitergegangen, hätte nicht Jean-Paul Abalo den davon eilenden Ji-Sung Park mit einem Tritt kurz vor der Strafraumgrenze von den Beinen geholt. Es war Aabalos zweites Foul und die erste zwingende Aktion des koreanischen Stars von Manchester United. Schiedsrichter Graham Poll zog die erste Rot-Gelbe Karte der Fußballgeschichte – in dieser Reihenfolge hielt er irrtümlich die Karten hoch. Den anschließenden Freistoß schoss Chun-Soo Lee weich, halbhoch, und unplatziert – doch das reichte gegen Togos Torhüter Kossi Agassa. Er sah auch bei Koreas Siegtor, einem Diagonalschuss des eingewechselten Duisburgers Jung-Hwan Ahn schlecht aus. Dezimiert und durch eigene Streiks dreier wichtiger Trainingstage beraubt, schwanden den Togolesen in der Hitze die Kräfte. Sie kämpften gegen die drohende Niederlage an, doch es half nichts. „Die Spieler waren auch ein bisschen zu überheblich“, sagte Otto Pfister. Das sei ein afrikanisches Problem, „du musst auch den Gegner ernst nehmen“. Aber was soll man schon ernst nehmen in diesen Tagen? Am nächsten Montag spielt Togo in Dortmund gegen die Schweiz. Vielleicht sitzt Pfister auf der Bank. Vielleicht auch nicht.

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