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Sport: Tomas Behrend hat die Wahl zwischen Brasilien und Deutschland

Tomas Behrend hat ein herrlich schlichtes Motto, das er bei sich trägt, wenn er einen Tennisplatz betritt: "Ich sage mir immer: Den haue ich als nächsten weg, der hat keine Chance gegen mich." Bei seinem ersten Auftritt bei den Australian Open hat der Deutsch-Brasilianer sein notorisches Wunschdenken so vortrefflich wie noch nie in seiner kurios verlaufenen Karriere umgesetzt.

Tomas Behrend hat ein herrlich schlichtes Motto, das er bei sich trägt, wenn er einen Tennisplatz betritt: "Ich sage mir immer: Den haue ich als nächsten weg, der hat keine Chance gegen mich." Bei seinem ersten Auftritt bei den Australian Open hat der Deutsch-Brasilianer sein notorisches Wunschdenken so vortrefflich wie noch nie in seiner kurios verlaufenen Karriere umgesetzt. Nach dem 6:2, 4:6, 6:7 (5:7), 6:3 und 6:0-Sieg über den Brasilianer Fernando Meligeni stand Behrend nicht nur in der zweiten Runde eines der vier kostbaren Turniere im Welttennis und nicht nur am Zwischenziel eines ehrgeizigen Fünfjahresplanes ("2000 wollte ich an der Schwelle zu den Top 100 stehen"), sondern auch im Mittelpunkt neuer Davis-Cup-Spekulationen.

Könnte dieser Tomas Behrend eventuell sogar schon Teamchef Carl-Uwe Steeb aus seinen personellen Kalamitäten vor dem Erstrundenspiel vom 4. bis 6. Februar in Leipzig helfen? Der zwischen den Nationalmannschaften von Brasilien und Deutschland, zwischen Herz und Kopf hin- und hergerissene Quereinsteiger im Tennis-Wanderzirkus spielte zunächst auf Zeit: "Wenn ich gefragt werde, dann treffe ich meine Entscheidung - und zwar ganz schnell." Eine Entscheidung, die Behrends Trainer Marko Seidensticker, ein ehemaliger Leichtathlet, nach der Auslosung für die Australian Open schon hellsichtig vorausgesehen hatte: "In den beiden ersten Spielen kannst du dich für zwei Davis-Cup-Teams qualifizieren."

Spiel eins hat der Mann mit dem deutschen und brasilianischen Pass gegen den Brasilianer Meligeni erfolgreich hinter sich, Spiel zwei folgt am Donnerstag gegen einen Deutschen, gegen die Nummer eins Nicolas Kiefer. Eine verrückte Situation, findet Behrend, der vor fünf Jahren mit nichts als einem Flugticket von Porto de Alegre mitten in den Pott, nach Bochum, aufgebrochen war, um seinen Traum von einer Laufbahn als Tennisprofi zu verwirklichen. Da hatte Behrend, dessen Großeltern mütterlicherseits aus Frankfurt und Worms stammen, gerade die deutsche Staatsangehörigkeit in der Tasche - ein Sechser im Lotto, wie sein Vater Claudio befand, einer der besten Volleyballspieler Brasiliens, der als Spieler und Trainer Weltmeister wurde.

Behrend hat sich selbst vertraut, seinem Ehrgeiz, seiner Willenskraft und seiner Lebenseinstellung: "Ich bin ein positiver und unkomplizierter Typ", sagt Behrend. Seit 1994 ist er jedes Jahr in der Weltrangliste 100 Plätze nach oben geklettert. Es ging nicht immer glatt, aber am Ende immer gut: "Da waren manchmal höllische Momente, in denen ich dachte, dass nichts mehr läuft." Jetzt hofft er, dass die schweren, unsicheren Jahre vorbei sind. Jahre, von denen er sagt: "Da hatte ich nichts auf dem Konto, auf den Auszügen waren immer dicke Minuszeichen." Doch niemals hat er verzagt und aufgegeben oder seine Eltern um ein paar freundliche Überweisungen gebeten: "Ich wollte eines Tages, wenn ich ziemlich weit oben bin, zu mir sagen: Das hast du geschafft - und sonst keiner."

Jörg Allmeroth

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