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Sport: Tore gegen die Vergangenheit

Roy Makaay und das 4:0 über Ajax weisen den Bayern den Weg in die Zukunft

Er kochte innerlich, so viel war zu erkennen, dann entschwand Uli Hoeneß grußlos in die kühle Nacht. Nach Bayern Münchens erstem Champions-League-Heimspiel der Saison, von Hoeneß gab es an diesem Abend keinen Kommentar. Er wäre vermutlich vernichtend ausgefallen, vielleicht zog es der Manager deshalb vor, sich direkt auf den Weg zu machen ins heimische Ottobrunn.

Fast genau zwei Jahre ist es her, dass sich jene Szene im Olympiastadion zutrug, und am Dienstagabend erinnerte einiges an jene düstere Nacht des Herbsts 2002. Der Mann, der seinerzeit entscheidend zu Hoeneß übler Laune beigetragen hatte, stand an exakt derselben Stelle wie damals. Ob er sich noch erinnern könne, wann er zum letzten Mal drei Tore in der Champions League geschossen habe, wurde Roy Makaay nach seinem restlos genialen Auftritt beim 4:0 über Ajax Amsterdam gefragt. „Das war auch hier, glaube ich“, sagte Makaay. Es war leicht zu erkennen, dass er schwindelte, er konnte sich haargenau erinnern: Es war beim 2:3 der Bayern gegen La Coruña, das damals das lange Ende der Ära Hitzfeld eingeläutet hatte.

„Kapitaler Fehlstart der Bayern“, „Makaay düpiert den FC Ruhmreich“ und „Makaay, Makaay, Makaay“ titelten die Zeitungen damals. Für Uli Hoeneß war der Zeitpunkt gekommen zu handeln. „Da haben wir erkannt, dass wir ihn nach München holen müssen, wenn es irgendwie geht.“ Uli Hoeneß hätte am Dienstagabend allen Grund gehabt, sich nochmals selbst zu beglückwünschen zu jenem Transfer, der zurzeit im Drei-Tages- Rhythmus Renditen abwirft. Doch der Manager widerstand der Versuchung ungerührt. „So hat Roy uns damals mit La Coruña abgeschossen, so hat er nun seine Holländer abgeschossen. Dafür haben wir ihn gekauft“, fasste Hoeneß zusammen. Er sagte das im Tonfall großer Selbstverständlichkeit, so als habe jemand einen Staubsauger gekauft und soeben festgestellt, dass der Staubsauger passabel Staub saugt.

Das 4:0 gegen Ajax war mehr als der zweite Sieg im zweiten Champions-League-Spiel, der die Tür zum Achtelfinale weit aufstößt. Trainer Felix Magath deutete an, dass „wir mit dieser Leistung auch Juventus Turin und anderen europäischen Mannschaften gezeigt haben: Der FC Bayern ist wieder da.“ Das Erstaunliche am Auftritt der Münchner war dabei weniger die Treffsicherheit Roy Makaays, an die hat man sich nach 41 Toren in 52 Pflichtspielen gewöhnt. Auffällig war, dass das Team erstmals als Ganzes harmonierte, „dass wir zusammen Druck gemacht haben“ (Makaay) und dass auch diejenigen überzeugen konnten, die zuletzt konstant unter ihrem Niveau gespielt hatten. Hasan Salihamidzic etwa, seit Saisonbeginn kaum mehr als ein lebendiges Souvenir des glorreichen Sommers 2001, band sich selbstbewusst ins Spiel ein. Oder Owen Hargreaves, der mit seiner aktiven, laufintensiven Spielweise an jenen Emporkömmling erinnerte, der am Champions-League-Sieg vor drei Jahren maßgeblich beteiligt war.

„Wir haben ja immer davon gesprochen, dass sich Mannschaft und Trainer aneinander gewöhnen müssen“, sagte Hoeneß, „heute hat das offensichtlich zum ersten Mal richtig gut geklappt.“ Die überzeugende Vorstellung als große Wende auszurufen, dazu war dennoch niemand bereit. Magath hob lieber den episodischen Charakter des 4:0 hervor. „Es gibt gar keinen Grund, nach einer sehr guten Leistung euphorisch zu werden“, warnte Magath, „am Samstag steht ein schweres Spiel beim Deutschen Meister an.“ Hoeneß gönnte sich den Luxus, daran vorerst keinen Gedanken zu verschwenden. „Heute denke ich mal nicht an Bremen. Heute genieße ich, endlich mal nach Hause zu fahren aus dem Olympiastadion und restlos zufrieden zu sein.“ Das war ja nicht immer so, nach drei Toren von Roy Makaay.

Daniel Pontzen[München]

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