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Sport: Torjäger treffen – sich

Die Duelle Gomez/Podolski und Huntelaar/Pizarro.

Berlin - Den klassischen Abschluss-Stürmer gibt es nicht mehr. Das wird oft von Fußballkennern betont. Die Tore schössen im modernen Spiel mittlerweile die „falschen Neuner“ oder „falschen Zehner“: Spieler wie Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo, die Positionsnummerierungen eher als liederlich empfinden, die Spielzüge selbst initiieren und vollenden.

Doch nun treffen am letzten Bundesliga-Wochenende 2011 die vier Führenden der deutschen Torjägerliste aufeinander und alle wirken sie mit ihren Qualitäten wie die Wiedergeburt des Abschluss-Stürmers. Seien es Mario Gomez (15 Tore) und Lukas Podolski (14 Treffer), die sich heute Abend beim Duell Bayern gegen Köln begegnen. Oder Klaas-Jan Huntelaar (14 Tore) und Claudio Pizarro (12 Treffer), am Samstagabend bei Schalke gegen Bremen.

Ihre offensichtlichen Merkmale: Sie alle spielen in vorderster Sturmspitze. Sie alle legen vor dem Tor eine fast schon beängstigende Effizienz an den Tag und treffen im Schnitt in jedem Spiel beziehungsweise fast jedem. Unverbesserliche werden wieder einmal Gerd Müllers Ewigrekord von 40 Toren in einer Saison in Gefahr sehen. „Ich schiele nicht auf Müllers Rekord“, entgegnet dankenswerterweise Gomez. Aber 17 Treffer, wie sie in sturmflauen Zeiten Klaus Allofs und Roland Wohlfarth (1988/89) und Fredi Bobic (1995/96) zum Torjägertitel reichten, könnten Gomez, Podolski und Huntelaar schon zur Winterpause hinbekommen, Pizarro wohl nur wegen einer zeitweisen Verletzungspause nicht.

Und auch die Aussagen zeugen von eher klassischem Rollenverständnis. „Ich will in jedem Spiel treffen“, sagt Huntelaar. Podolski analysiert: „Wenn man in 15 Spielen schon 14 Tore gemacht hat, dann freut man sich.“ Aber sind sie deshalb „echte Neuner“, reine Abschluss-Stürmer? Klar profitieren Gomez und Huntelaar vom Flügelspiel bei Bayern und Schalke, Pizarro von Bremens offensiver Grundausrichtung und Podolski davon, dass Kölns Pässe aus der Tiefe exklusiv für ihn sind. Doch wird ihnen das Bild von einsam lauernden Egoisten nicht gerecht.

Alle vier haben längst ihre Wirkkreise vergrößert, sie lassen sich im Spiel zurückfallen oder weichen auf die Flügel aus, um sich für Anspiele anzubieten. Keiner von ihnen hat statistisch weniger Ballkontakte als Bundesligastürmer in vergleichbarer Rolle. Und sie spielen mit den Mitspielern. Pizarro hat sieben Torvorlagen gegeben, Podolski fünf, Gomez und Huntelaar je drei.

Der Deutsche und der Holländer arbeiten verstärkt in der Defensive mit und stören gegnerische Angriffe oft schon im Aufbau. Daran mangelt es bei Podolski und Pizarro, auch daher spielen ihre Teams instabiler. Dafür sind sie dank ihrer Ballbeherrschung auch außerhalb des Strafraums sehr wertvoll – wobei man Podolski schon auf dem linken Fuß erwischen muss.

Alle vier haben schon in der Vergangenheit Abschlussqualiäten gezeigt. Doch sind die aktuellen Quoten überraschend gut. Das liegt wohl auch am Extramaß Motivation: Gomez will als Nationalstürmer Nummer eins zur EM. Podolski, Huntelaar und Pizarro verhandeln über neue Verträge. Das hat schon manchem Neuner Beine gemacht, echten und falschen.

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