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Sport: Torlos, wortlos, leblos

Die missratene Rückkehr von Schalke 04 in die Champions League

Wären all die aparten jungen Holländerinnen vor dem Philips-Stadion zufällig auf die Idee gekommen, mit ihren Fotohandys nicht nur um die Fußballer des PSV Eindhoven herumzuflattern, sondern auch mal um die aus Schalke – die fröhlichen Damen wären mächtig sauer geworden. Denn haste-nicht-gesehen waren die Spieler des deutschen Vizemeisters nach dem schlimmen 0:1 beim holländischen Meister in ihrem Mannschaftsbus verschwunden. In einem Tempo, das ihnen nach den vorangegangenen 90 Minuten Bummelfußball kein Mensch zugetraut hatte.

Der Einzige, der über den missratenen Einstieg des FC Schalke 04 in seine zweite Champions-League-Saison plaudern wollte, war Hamit Altintop. Der Außenverteidiger zählt in Gelsenkirchen weder zu den erfahrenen noch zu den Klassespielern, und als solcher sah sich der 22-Jährige in den stickigen Gängen der PSV- Arena zu einem dringenden Appell veranlasst: „Unsere erfahrenen, unsere Klassespieler müssen auf dem Platz auch einmal ein Zeichen setzen.“ Denn um eine Darbietung wie die in Eindhoven hinzubekommen, könne man „auch andere spielen lassen“. Die zweite Besetzung zum Beispiel.

Die angesprochenen Kollegen aus der ersten Reihe – Kevin Kuranyi etwa, Marcelo Bordon oder Ebbe Sand – saßen stumm im Bus und sehnten ihrerseits das Signal des Fahrers zur Abfahrt herbei. Nationalspieler Fabian Ernst ließ sich immerhin noch an die frische Luft locken, wo er dann etwas von „nicht den Kopf in den Sand stecken“, „haben noch fünf Spiele“ und „die Situation genau analysieren“ erzählte. Und alle, die den absoluten Tiefpunkt gesehen zu haben glaubten, warnte Ernst: „Wir können sicher noch schlechter spielen.“

Ein Satz, bei dem Rudi Assauer noch wütender hätte werden müssen, als er ohnehin schon war. Mit „mehr als katastrophal“ beschrieb der zornige Manager die erste Halbzeit der Schalker. Unter anderem musste Assauer das dilettantische Abwehrverhalten seiner Elf beim einzigen Treffer des Abends ertragen: Mittelstürmer Jan Vennegoor of Hesselink durfte nach einem Eckstoß ungehindert zum Siegtor einköpfen. Assauer schäumte: „Es gibt einen starken Kopfballspieler bei Eindhoven, und der steht völlig frei. Das geht nicht.“ Wobei dem Mann schon dämmerte: „So gewinnt man keine internationalen Spiele.“

Schon gar nicht das nächste in zwei Wochen gegen den AC Mailand. Schlechte Aussichten für die Schalker Profis also, die jetzt noch den Zorn ihres Vorgesetzten abbekommen. „Das war eine Darbietung, die ich nicht akzeptiere“, sagte Assauer. „Ich bin unheimlich enttäuscht von der Mannschaft. Das hat sie wieder gutzumachen.“

Womöglich wäre es hilfreich gewesen, hätte der Manager vor dem Spiel nicht erklärt, ein Platz im Achtelfinale wäre „schön, ist aber kein Muss“. Dafür muss jetzt der Schalker Spielmacher Lincoln wieder in die Gänge kommen. In Eindhoven sank der Brasilianer schon zu Boden, wenn ihn ein PSV-Spieler nur schräg von der Seite ansah. „Man hat ihm die lange Pause angemerkt“, sagte Trainer Ralf Rangnick und verwies auf Lincolns vierwöchige Sperre. „Das war heute nicht der Lincoln, den wir kennen und den wir brauchen.“ Immerhin weiß Schalkes Trainer jetzt, wie er bei der Therapie vorzugehen hat. Den Brasilianer wieder in Form zu bringen, „das geht nicht mit Draufhauen“. Vielleicht ein dezenter Hinweis an den Manager, denn der kriegte sich nicht mehr ein an diesem Abend. „Wenn wir normal gespielt hätten, hätten wir die weggehauen“, sagte Assauer.

Auf der Suche nach ihrer Normalform sind die Schalker allerdings schon seit dem Saisonstart vor einem Monat. Mit „halbem Herzen“ habe sein Team im Philips-Stadion gespielt, sagte Rangnick. Allein Torwart Frank Rost und der frisch eingekaufte 20 Jahre alte Rafinha fielen positiv auf. Und das, „obwohl wir in der Champions League gar keinen Druck haben“, wie Hamit Altintop sagte. So jedenfalls „macht das keinen Spaß“.

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