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Tour 2005: Neuerliche Dopingvorwürfe gegen Jan Ullrich

Der von T-Mobile suspendierte Jan Ullrich soll auch während der Tour 2005 gedopt haben.

München - Gegen den des Dopings beschuldigten deutschen Radprofi Jan Ullrich sind neue Vorwürfe aufgetaucht. Nach einem Bericht der «Süddeutschen Zeitung» (Freitagausgabe) hat der T-Mobile-Fahrer auch während der letztjährigen Tour de France zu unerlaubten Mitteln gegriffen. Das gehe aus einem sichergestellten «Roadbook» der Frankreich-Rundfahrt 2005 hervor, das spanische Ermittler nach Informationen des Blattes Ullrich zuordnen.

Dem Dokument zufolge soll der inzwischen 32-Jährige, der vor Beginn der diesjährigen Tour de France wegen Dopingverdachts von seinem Rennstall suspendiert wurde, im vergangenen Jahr seine verbotene Vorbereitung erst am Ende der ersten Tour-Woche abgeschlossen haben. Für die sieben Auftaktetappen habe der umstrittene Arzt Eufemiano Fuentes bei Ullrich eine changierende Medikation aus Hormonen, Insulin, Kortekoiden, Testosteron und auch einer präparierten Bluteinheit vorgesehen.

Dass sich Ullrich sogar während des Saisonhöhepunkts dopte, belegt dem Bericht zufolge die bislang geringe Scheu der Radprofis vor Kontrollen. Zudem spreche dieses Verhalten gegen die Wirksamkeit des Kontrollsystems. Der Anti-Dopingexperte und Leiter des biochemischen IOC-Kontrolllabors in Köln, Wilhelm Schänzer, zeigte sich davon nicht überrascht. «Man kann sich schon fragen, ob die Anzahl der Kontrollen reicht», sagte er der Zeitung.

Bei der verbotenen Methode des Blutdopings geht Schänzer davon aus, dass den Fahrern «ein bis drei Wochen vor der Tour» Blut abgenommen werde. Im Gegenzug erhielten sie Eigenblut, das im Winter entnommen und tiefgefroren stabilisiert worden sei. Solche Abgaben nach Saisonende sind dem Bericht nach auch für Ullrich in den Akten notiert. Dieser Austausch führt dem Experten zufolge in der Nähe von Wettkämpfen zu einem halbwegs unauffälligen Blutbild. «Das ist dann eine Art Plus-minus-Null-Spiel», erläuterte Schänzer. Somit könnten im Sommer weder Team- noch Rennärzte Unauffälligkeiten der Blutbilder feststellen, fügte er hinzu.

Telefonprotokollen über Gespräche zwischen Ullrichs langjährigem Berater Rudy Pevenage und Fuentes zufolge soll der Radprofi auch beim diesjährigen Giro d'Italia mit Hilfe von Blutinfusionen das Zeitfahren gewonnen haben, nachdem er zu Beginn der Italien-Rundfahrt meist weit hinten im Fahrerfeld zu finden war.

Einen Tag vor dem Beginn der diesjährigen Tour de France war in Spanien eine Liste von insgesamt 36 doping-verdächtigen Radfahrern veröffentlicht worden. Darauf standen unter anderen die Tourfavoriten Ullrich und Ivan Basso (Team CSC). Die 36 Fahrer wurden von der Tour ausgeschlossen. Ullrich, sein Teamkollege Oscar Sevilla sowie der frühere Sportliche Leiter des Teams T-Mobile, Pevenage, wurden mit Fuentes in Verbindung gebracht. Von Pevenage hat sich T-Mobile inzwischen rückwirkend zum 30. Juni getrennt.

Fuentes gilt als mutmaßlicher Drahtzieher eines Doping-Netzwerks und wurde Ende Mai verhaftet. Im Rahmen der so genannten «Operation Puerta» stellte die spanische Polizei damals mehrere Blutkonserven und zahlreiche Dopingmittel - darunter EPO, Anabolika und Steroide - sicher. Dem Bericht der «Süddeutschen Zeitung» zufolge soll jeder der prominenten verdächtigen Fahrer - neben Ullrich und Basso etwa Tyler Hamilton, Santiago Botero sowie Roberto Heras - pro Jahr 35 000 Euro an Fuentes gezahlt haben. Pro Renntag beim Giro oder der Tour seien weitere 1000 Euro fällig geworden. (tso/ddp)

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