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Tour de France: Die Karawane zieht weiter

Für die Sponsoren der Tour de France lohnt sich das Engagement weiter, doch bei den Teams bleiben Probleme.

Die Tour de France wurde 1903 als Werbegag ins Leben gerufen – die Zeitung L’Auto wollte mit dem Event ihre Pariser Konkurrenz Velo ausstechen. An der Natur der Veranstaltung als Verkaufsfördererung für Güter aller Art hat sich bis heute nichts geändert – was schon an der Werbekarawane zu erkennen ist, jenem Karnevalszug, der vor dem Fahrerfeld her durch Frankreich tingelt und die jubelnde Zuschauer mit Produktproben der Sponsoren bewirft. Egal, wie oft Tour-Direktor Christian Prudhomme betont, dass die Tour ein Abenteuer ist, das harte ökonmische Fundament des Spektakels vermag er nicht zu leugnen.

Dieses Fundament bleibt – flächendeckendes Doping hin oder her – bislang solide. Rund 130 Millionen Euro setzt die Tour um, an TV-Rechten, an Geldern ihrer 30 offiziellen Werbepartner sowie an den bis zu 200 000 Euro teuren Gebühren, die die 20 Etappenorte dafür berappen, in den Streckenplan aufgenommen zu werden. Sicher, die Förderer haben sich nach dem PR-Debakel im vergangenen Jahr „besorgt“ gezeigt, wie Laurent Lachaux, der Marketing-Direktor der Tour-Veranstalterfirma Amaury Sports berichtet. Abgesprungen ist bislang jedoch noch keiner.

Das liegt auch daran, dass die Tour für Sponsoren noch immer ein prima Geschäft ist. Die „Partner“ der Tour, jene Kategorie von Sponsoren, die zwischen zwei und drei Millionen Euro zur Rundfahrt beitragen, bekommen für ihr Geld 3000 Stunden TV-Übertragung in 185 Länder geboten. So billig ist in kaum einem anderen Sport eine derartig weite Verbreitung des Markennamens zu erzielen.

Der Werbewert des Rennens steht und fällt freilich mit dem Zuschauerinteresse. In der ersten Tour-Woche haben an den Straßen ebensoviele Camper geparkt wie eh und je, die Einschaltquoten in Frankreich waren sogar höher als im Vorjahr. Zum Tour-Start in London kamen eine Million Menschen. Die Kölner Beratungsfirma Sport und Markt hat ermittelt, dass die Fans noch lange nicht so weit sind, ihrem geliebten Radsport abzuschwören. „Die Fans personalisieren das Dopingproblem sehr stark“, sagt Stephan Schroeder, Geschäftsführer von Sport und Markt. „Sie sind vielleicht von Jan Ullrich enttäuscht.“ Den Sport als Ganzes sehen sie jedoch noch immer nicht als so problematisch an, dass sie sich abwenden.

Schwieriger ist die Situation der Teams. Ein Dopingfall in der Mannschaft fällt direkt auf den Sponsor zurück. Das Risiko ist groß, die Geldgeber halten derzeit die Luft an. Unter den 20 Profi-Teams stehen 12 Hauptsponsorverträge im kommenden Jahr zur Disposition: Auf ein längerfristiges Engagement will sich momentan kaum jemand festlegen.

Neue Sponsoren sind für den Profi-Radsport derzeit überhaupt nicht zu finden. „Wer jetzt in den Radsport einsteigt, der muss schon sehr vergnügungssüchtig sein“, sagt T-Mobile-Sponsoringleiter Christian Frommert. Eine Erfahrung, die derzeit die Mannschaft von Lance Armstrong, Discovery Channel, schmerzlich machen muss. Der Medienkonzern Discovery steigt zum Jahresende aus. Der Sprecher von Gerolsteiner, Stefan Göbel, schätzt die Chancen auf eine weitere Marketinginvestition nach 2008 bestenfalls auf „Fifty-Fifty“. Man kalkuliere bei Gerolsteiner knallhart, ob man für seine neun Millionen Euro jährlich einen angemessenen Gegenwert bekomme.

Nur bei T-Mobile sieht man das anders. Nach 16 Jahren im Radsport schaut man nicht mehr nur auf den kurzfristigen Werbewert. Man möchte dabei mitwirken, dass der Sport seine Attraktivität und Glaubwürdigkeit wieder erlangt. Team-Manager Bill Stapleton hat dazu bereits sehr detaillierte Pläne. „Man kann nichts Grundsätzliches verändern, wenn man nur seine eigene Mannschaft reformiert“, sagt er und kämpft deshalb darum, „die Strukturen des gesamten Systems Radsport“ zu erneuern.

Von zentraler weltweiter Vermarktung durch eine Konsolidierung der zerstrittenen Teams und Rennveranstalter träumt er. Doch das, sieht Stapleton ein, steht und fällt mit der Lösung des Dopingproblems. Die Fortschritte auf diesem Gebiet seien jedoch „frustierend zäh.“

Die achte Etappe führt heute von Le Grand-Bornand nach Tignes (165 km).

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