zum Hauptinhalt

Sport: Tränen, Champagner, Feuerwerk

Die deutschen Handballer werden Weltmeister und feiern nach dem 29:24 gegen Polen mit 19 000 Fans eine Riesenparty

Mit der Krücke in der Hand gab Henning Fritz den Takt an. Und so, als würden die 19 000 Fans in der Kölnarena den Anweisungen des deutschen Handball-Nationaltorhüters folgen, schallte „We are the champions“ durch die Halle, und mit den Fans sangen die deutschen Handballer. Es flossen Tränen und Champagner, Menschen lagen sich in den Armen, Laserstrahlen durchschnitten die Luft, ein Feuerwerk wurde gezündet, von der Decke fielen Glitzersterne. Mit so einer Party feiert man Sensationen. Und eine solche hatten Fans und Spieler gerade erlebt: Deutschlands Handballer sind Weltmeister, zum dritten Mal nach 1938 und 1978. Im Finale besiegte das Team von Bundestrainer Heiner Brand Polen 29:24 (17:13).

Für Bundestrainer Heiner Brand war es der zweite WM-Titel, er hatte 1978 als Spieler schon den Titel gewonnen. „Vor diesen einmaligen Zuschauern einen solchen Erfolg zu feiern, ist etwas ganz Besonderes", sagte der 54-Jährige völlig geschafft. Sein dichter Bart musste nicht wie damals dran glauben, stattdessen hatten sich seine Spieler selbst ähnliche Bärte angeklebt – zu seiner Verehrung. Auch der polnische Nationaltrainer Bogdan Wenta reihte sich in die Reihe der Gratulanten ein. Wenta hatte selbst im Team von Brand gespielt, er war mit ihm bei der EM 1998 mit Deutschland Dritter geworden. Am späten Abend folgte für den neuen Weltmeister ein Empfang vor dem Kölner Rathaus.

Welch ein Tag der Symbole. Gemeinsam waren Bundespräsident Horst Köhler und sein polnischer Amtskollege Lech Kaczynski in die Halle gekommen, sie tauschten Fanschals aus. „Das übersteigt alle Erwartungen“, sagte Köhler zur Pause, als die deutsche Mannschaft sich von einer rauschhaften ersten Halbzeit erholte. Kaczynski, in seiner Heimat mit Deutschland-kritischen Bemerkungen auffällig, trug einen deutschen Fanschal. Er sah eine Niederlage seines Teams. Die Deutschen dominierten das Spiel. In der Vorrunde noch hatte das Team gegen Polen 25:27 verloren. Den dritten Platz belegte Dänemark durch ein 34:27 über Frankreich im kleinen Finale.

Bevor jeder deutsche Spieler den 30 Kilogramm schweren Weltpokal, der einen werfenden Handballer symbolisiert, hochstemmen konnte, hatten sie Schwerarbeit zu leisten. Die Deckung um Oliver Roggisch und ein überragender Henning Fritz im Tor ermöglichten den WM-Gastgebern einen hoffnungsvollen Start. „Da stimmte fast alles", sagte Brand. Die sehr defensiv eingestellte polnische Deckung bekam den deutschen Angriff nicht in den Griff. Beim 11:6 sah es bereits sehr gut aus. Nur Christian Zeitz vergrub sein Gesicht auf der Auswechselbank. Er hatte zuvor klare Chancen vergeben, sonst hätte Deutschland zur Pause noch klarer als 17:13 geführt. „Wir haben uns in der Kabine geschworen, diese Führung nicht mehr herzugeben“, sagte Kapitän Markus Baur.

Vier Minuten und 42 Sekunden nach dem Wiederanpfiff (20:14) stockte plötzlich allen in der Kölnarena der Atem. Ohne Einwirkung des Gegners blieb Fritz plötzlich wegen einer Zerrung liegen; Johannes Bitter musste ihn ersetzen (siehe Artikel unten). Die Abwehr und Bitter schwächelten, im Angriff klappte kaum noch etwas. Der kritischste Punkt war beim 22:21 (45.) erreicht, als auch noch Lars Kaufmann eine Zeitstrafe von den guten französischen Schiedsrichtern Bord und Buy kassierte.

Bei den Deutschen schien jetzt plötzlich das Selbstvertrauen weg zu sein. In dieser kritischen Phase war es Bitter, der mit drei Reflexen das Team wieder aufbaute. Im Angriff überragten Pascal Hens (der in dieser Phase vier seiner sechs Treffer erzielte) und Torsten Jansen (fünf von acht). Als dann auch Florian Kehrmann zweimal erfolgreich war (28:23/29:23) hatten die Jubelfeiern längst begonnen. Selbst Henning Fritz hielt es nicht mehr auf der Bank, auf einem Bein hüpfte er an der Seitenlinie. Der Schlusspfiff ging in einem einzigen Jubelschrei unter. Trainer und Spieler tanzten, Fans umarmten sich, und die Spielerfrauen verschwanden aus der Halle. Mit goldenen Kronen und den Bärten für ihre Männer kamen sie zurück. Henning Fritz wurde als bester WM-Torhüter, Michael Kraus als bester Mittelspieler ausgezeichnet. Die Siegerehrung wurde zur großen Party, bei der schließlich der strahlende Bundestrainer Heiner Brand durch die Halle getragen wurde.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false