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Sport: Träume mit einfachen Mitteln

Philippe Decouflé will als Regisseur der WM-Eröffnungsgala die Welt zum Lachen bringen. Ist das Berliner Olympiastadion der richtige Ort dafür?

Herr Decouflé, Sie führen Regie bei der Eröffnungsgala der Fußball-WM 2006 am 7. Juni 2006 im Berliner Olympiastadion. Bisher ist wenig darüber bekannt, was dort passieren soll.

Es soll ja eine Überraschung werden. Ich befinde mich gerade in einem kreativen Prozess mit unseren Tausenden Freiwilligen. Manche von ihnen können mit dem Fahrrad tolle Kunststücke vollbringen, andere haben eine besondere Art zu tanzen. Das alles will ich zusammenführen. Wir haben viele prominente Helfer wie Peter Gabriel und Brian Eno im Team, gemeinsam wollen wir einen Zirkus der Träume gestalten. Deshalb setze ich auf alle verfügbaren Elemente des Varietés: auf Artisten, bunte Farben, auch auf Pantomime.

Funktioniert Pantomime in einem Stadion?

Ich möchte Ihnen von einem Film erzählen. „Kinder des Olymp“ von Jacques Prevert. Er spielt in Paris, und die schöne Garance verliebt sich in einen verträumten Pantomimen. Der Film erzählt, wie schön das Leben sein kann, selbst wenn man traurig ist. Es geht um die große Freiheit, seinen Träumen nachzujagen. Aber auch um die Einsamkeit, die das mit sich bringt. Das will ich zeigen, warum nicht in einem Stadion?

Was macht Sie denn traurig?

Drei Viertel unseres Lebens sind traurig. Ich lebe meinen Traum als Choreograph, aber dafür bin ich ständig unterwegs. Mit der WM-Gala will ich die Menschen zum Lachen bringen. Schauen Sie sich doch den ökologischen Zustand unseres Planeten an und die Art und Weise, wie die großen Mächte mit ihm umgehen – das finde ich deprimierend. Eine Fußball- WM kann uns auf schönere Gedanken bringen, etwas Stoff für Träume liefern.

Aber ein Stadion ist kein Zirkus. Die Eröffnungsgala kostet bis zu 25 Millionen Euro, 60 000 Besucher wollen unterhalten werden, die ganze Welt schaut zu.

Deshalb kommt es darauf an, den großen Raum des Stadions zu füllen. Das Programm muss also reichhaltig sein, aber trotzdem einfach zu verstehen. Das kann man schaffen, indem man viele kleine Bewegungen von Menschen zu einer großen vereinigt oder indem man einzelne Elemente reproduziert. Bombastisch soll es nicht werden. Die Tonlage soll sehr brüderlich und freundschaftlich sein.

Spielt für Ihre Vorbereitungen die Vergangenheit des Olympiastadions eine Rolle?

Natürlich. Ich habe mir die Aufzeichnungen der Olympischen Spiele 1936 angesehen, auch den Film von Leni Riefenstahl studiert. Ich werde nichts Militärisches im Olympiastadion veranstalten, bei den Aufführungen werden uns keine Polizisten helfen. Bei der Eröffnung der Olympischen Winterspiele 1992 in Albertville hatten wir noch 2000 bis 3000 Soldaten eingebunden, weil wir nicht genügend Freiwillige hatten. Aber hier in Berlin gibt es Tausende Bewerber, diese Stadt ist eben offen und international. Diesen neuen Zustand will ich im Olympiastadion zeigen, auch wenn ich gerade erst lerne, mit seiner Größe zu leben. Diesem gigantischen Bauwerk kann man nur mit einfachen Mitteln beikommen.

Vielleicht mit einem Clown?

Gute Idee. Ich wollte als Kind ein Clown werden, ich träume immer noch davon. Aber dafür habe ich noch Zeit. Clowns müssen alt und weise sein, damit ihr Lachen einen ernsten Hintergrund hat.

Das Gespräch führte Robert Ide.

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