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Sport: Tragischer Abschied

Frankreich scheidet durch ein 0:2 gegen Italien aus. Spielmacher Franck Ribéry verletzt sich schwer, ihm droht eine mehrmonatige Pause. Italien trifft am Sonntag im Viertelfinale auf Spanien

Zürich - Sie fassten sich an den Händen und rannten auf ihre Fans zu, dann kugelten sie sich übermütig über den Rasen: Die Lust am Fußball ist bei den Weltmeistern aus Italien zurückgekommen, spät zwar, erst im letzten Gruppenspiel dieser Europameisterschaft, aber immerhin. Mit einem 2:0 gegen Frankreich haben sich die Italiener ins Viertelfinale geschossen und treffen nun am Sonntag in Wien auf Spanien. Das ist die eine Sicht auf dieses Spiel. Die andere: Die Franzosen sind ausgeschieden, und es war ein tragischer Abschied.

Die Franzosen traf in diesem Spiel vor 30585 Zuschauern im Züricher Letzigrundstadion ein Schlag nach dem nächsten: Spielmacher Franck Ribéry schwer verletzt, Rote Karte, Rückstand, Ausscheiden. Und während das WM-Endspiel 2006 bis zum letzten Elfmeter offen war, war dieses Spiel für die Franzosen früh verloren.

Es war der Tiefpunkt einer vollkommen verunglückten Turnierteilnahme: Keine ihrer drei Begegnungen konnten die Franzosen gewinnen, in der Defensive zeigten sich gerade beim 1:4 gegen die Holländer große Schwächen, im Angriff fehlten kreative Momente. Die Franzosen waren bei dieser EM eine Mannschaft auf der Suche.

Das Spiel gegen die Italiener war schon von der siebten Minute an ein schmerzhaftes. Da verletzte sich Ribéry so schwer, dass er mit einem Sanitätsmobil vom Platz gefahren werden musste. Frankreichs Spielmacher hatte Gianluca Zambrotta von hinten gefoult. Anschließend fielen beide zusammen nach vorne, ein Knäuel aus Beinen entstand, aus dem Ribérys sein linkes mit einer verhängnisvollen Bewegung entwirrte. Möglicherweise ist sein Unterschenkel gebrochen, das war zumindest die erste Diagnose. Mit einem aufmunternden Kopftätscheln von Zambrotta musste Ribéry den Platz verlassen.

Dieser Verlust war noch Pech der Franzosen, der nächste jedoch Unvermögen. Als Luca Toni den Ball nach einer langen Flanke im Strafraum gekonnt, beinahe künstlerisch annahm und aufs Tor zulief, behinderte ihn Eric Abidal mit dem Fuß. Mit zwei Folgen: Rote Karte für Abidal und Elfmeter für Italien. Andrea Pirlo schoss den Strafstoß scharf ins rechte obere Toreck, undankbar und unhaltbar für Torwart Grégory Coupet. Was Frankreichs Trainer Raymond Domenech auch immer geplant hatte, er musste es nun über den Haufen werfen. Er holte sogar Samir Nasri vom Feld, den er erst eine Viertelstunde zuvor für Ribéry eingewechselt hatte.

Diesen taktischen Taumel wollten die Italiener unbedingt ausnutzen. Einen langen Ball nach dem nächsten schickten sie nach vorne auf Luca Toni, der einmal per Fallrückzieher und einmal nach einer schnellen Drehung von der Strafraumgrenze neben das Tor traf. Zehn Minuten ließen sich die Franzosen das gefallen, dann hatten sie sich wenigstens etwas gesammelt, und Stürmer Thierry Henry hatte sogar eine Tormöglichkeit, verfehlte das Ziel aber knapp. Italien kam einem Treffer vor der Pause nur noch durch eine Standardsituation nahe: Fabio Grossos Freistoß lenkte Frankreichs Torwart Coupet jedoch mit den Fingerspitzen an den Pfosten.

Beim nächsten Freistoß hatten die Italiener mehr Glück. Und wieder halfen ihnen die Franzosen. Nach einer Stunde Spielzeit schoss Daniele De Rossi den Ball aus 20 Metern mit voller Wucht aufs Tor, in der Mauer wollte Thierry Henry das Richtige, erreichte aber das Falsche: Sein ausgestreckter Fuß fälschte den Ball ins Tor ab.

Ein Aufbäumen war von den Franzosen von da an nicht mehr zu erkennen, allenfalls ein, zwei Einzelaktionen von Henry oder Karim Benzema. Kein Trost, nur Verzweiflung – Frankreichs Nationalelf wird seine Identität wieder neu finden müssen. Tsp

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