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Wer startet? Daniele Schreiber (links) oder Britta Steffen?

© dpa

Trainer raten zu WM-Verzicht: Steffen oder Schreiber im Freistil-Sprint?

Nur ein Startverzicht von Daniela Schreiber ermöglicht Britta Steffen die WM-Teilnahme über 50 Meter Freistil. Die Gespräche dauern an, die Entscheidung naht.

Die Geschichte hat ihren Reiz, ist nicht ohne Brisanz und kam so ähnlich schon einmal vor. Zwei Trainer und zwei Schwimmerinnen müssen bis spätestens 26. Juli die wohl brisanteste deutsche WM-Entscheidung treffen. Weltrekordlerin Britta Steffen könnte über 50 Meter Freistil nur starten, wenn ihre Hallenser Teamkollegin Daniela Schreiber freiwillig auf ihren Platz verzichtet. „Das wäre eine wahnsinnig große Geste. Ich würde mich über diese Geste freuen, sage ich ganz ehrlich, weil ich glaube, dass eine Britta Steffen an einem guten Tag ganz nach vorne mitschwimmen kann“, sagte Chef-Bundestrainer Henning Lambertz. Er betonte aber, dass es „keine Direktive“ geben werde.

Deutlicher wurde Heimtrainer Frank Embacher. „Wenn Britta schwimmen will, spricht viel für Danielas Verzicht“, sagte er während des Trainingslagers auf Mallorca. Das Problem sei vielmehr, ob Steffen das überhaupt wünsche. „Wir sind am diskutieren, weil Britta nicht will, dass jemand, der qualifiziert ist, den Platz für sie räumt. Der Cheftrainer will auch noch mal mit ihr sprechen.“ Die Olympia-Vierte von London und Doppel-Olympiasiegerin von 2008 hatte wegen eines plötzlich aufgetretenen Infekts Ende April die deutsche WM-Qualifikation vorzeitig abbrechen müssen. Die nationale Meisterin Dorothea Brandt gilt auch aufgrund ihrer Weltklasse-Zeit von 24,51 Sekunden als gesetzt.

Bis zu ihrem ersten WM-Start in der Freistil-Staffel über 4 x 100 Meter mit Schreiber und Brandt am 28. Juli will sich Steffen weiter nicht äußern. Daniela Schreiber scheint es jedenfalls nicht eilig zu haben. „Ich entscheide mich erst kurz vorm Start“, sagte sie jüngst der „Mitteldeutschen Zeitung“. Sie wisse, dass Britta normal schneller sei als sie und wenn diese gut drauf sei, „werde ich ihr die Chance auch nicht verbauen. Doch wenn sie es nicht ist, werde ich meinen Startplatz nicht einfach so wegschmeißen“, erklärte Schreiber.

Die beiden sind nicht gerade engste Freundinnen. Bei Steffens desaströser WM 2011 samt vorzeitiger Abreise äußerte Schreiben ein gewisses Unverständnis über das Handeln der Doppel-Olympiasiegerin von 2008. Seit Steffens Wechsel von Berlin nach Halle/Saale besteht nach Aussage aller Beteiligten ein konstruktives Arbeitsverhältnis.

Dass Schreiber einer nationalen Rivalen das Startrecht verweigert, gilt als kaum vorstellbar - auch ohne sanften Druck der Trainer. Lambertz argumentiert mit den nackten Zahlen, diese sprechen für Steffen und gegen Schreiber. Auch diese wisse, „dass selbst eine nochmalige Steigerung auf 25,0 Sekunden für eine Medaille nicht reichen würde. Bei einer Britta, die in Vichy zweimal 24,7 geschwommen ist, wäre eine Steigerung von zwei Zehnteln die Schlagdistanz zu einer Medaille“, rechnete Lambertz vor und setzt auf eine gewisse Einsicht: „So clever und gut informiert sind alle meine Schwimmerinnen, dass ich ihnen das gar nicht vorrechnen muss.“ Embacher sagte über die Form der schweigenden Steffen: „Sie ist gut drauf, ich bin optimistisch.“ Ein Startverzicht hat eine gewisse Tradition im deutschen Schwimmen. 1994 hatte sich die junge Franziska van Almsick verpokert und als Neunte völlig unerwartet das WM-Finale über 200 Meter Freistil verpasst. Dagmar Hase räumte daraufhin ihren Finalplatz und „Franzi“ wurde tränenreiche Weltmeisterin. (dpa)

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