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Sport: Trapattoni trifft die Vergangenheit

Vor dem Spiel gegen Bayern München versucht Stuttgarts Trainer, die aktuellen Probleme zu vergessen

Als Giovanni Trapattoni um die Ecke biegt, sieht jeder: Sein nächstes Spiel ist ein besonderes. Er trägt einen dunklen Anzug, ein perfekt gebügeltes Hemd und eine tadellos gebundene Krawatte. Auch draußen vor der Klubzentrale in Bad Cannstatt ist nichts wie sonst. Die Tore sind am Freitag geschlossen, Autogrammjäger und Trainingsbesucher müssen draußen bleiben. Geheimtraining. „Bitte haben Sie Verständnis“, sagt Trapattoni und faltet wie zum Gebet die Hände. „Alle Spiele sind sehr wichtig, alle will ich gewinnen, aber dieses ist ein ganz spezielles.“ Die Augen des 66 Jahre alten Cheftrainers des VfB Stuttgart leuchten. „Wissen Sie“, sagt er, „das ist ein Spiel, bei dem ich mich am liebsten selbst einwechseln würde.“

Es ist ein Spiel gegen seine Vergangenheit, die ihm 1994 eine neue Welt eröffnete. Am heutigen Samstag geht gegen Bayern München, „meine erste Station im Ausland“. Damals „war diese Fußballwelt deutsch geprägt, es gab kaum ausländische Spieler. Heute ist das Spiel gegen Bayern eine persönliche Herausforderung für mich.“ Zweimal war er bei den Bayern. Von 1994 bis 1995 und von 1996 bis 1998. „Die Meisterschaft war schön“, erzählt er. 1997 war das. „Dann kam der Pokalsieg und das Spiel gegen Ajax, als wir das Finale im Europapokal knapp verpasst haben.“ Immer wieder hält der Italiener inne, während die Journalisten seine Emotionen zu ergründen suchen. „Meine Emotionen?“, fragt er zurück. „Manchmal erschrecke ich damit meine Spieler“, sagte er, und meint damit die Stuttgarter. „Sie sind diese Leidenschaft im Training nicht gewohnt.“

Er gibt in diesen Tagen mehr Interviews als sonst. Ein Fernsehteam des DSF schleppt ihn zum Gespräch vor einen Weihnachtsbaum mit kleinen Lichtern. Dort sitzt der Mann, der 19 Titel gewann, und sagt: „Ich hatte dort am Anfang genau die gleichen Schwierigkeiten, die ich auch hier hatte.“

Er sagte „hatte“. Dabei muss er jeden Tag Geschichten lesen, die ihn in Stuttgart weiterhin als „Missverständnis“ einstufen. Spieler erzählen Interna, die ihn nicht gut dastehen lassen. Von der Klubführung erreichen ihn Kommentare, die wie ein Ultimatum klingen. In der Winterpause, so heißt es nun von Manager Herbert Briem, werde man sich zusammensetzen und Bilanz ziehen. „Wenn ich sehe, wie wir die Initiative im Spiel übernehmen, kann ich sagen, die Mannschaft hat sich entwickelt“, sagt Trapattoni. Er verweist auf den Umbau eines Teams, das einfach Zeit brauche.

Es wird gegenwärtig wenig über die Schwierigkeiten geredet, die Trapattoni in Stuttgart hat und wie problematisch es ist, ihn und seine Art Fußball zu verstehen. Aber nun naht dieses Spiel gegen die Bayern. Es werde keine Wechsel in der Startelf geben, sagt er. Gegen die Bayern rotiert ein Trapattoni nur innerlich. Er hebt den Finger und schaut ernst. „Ein kleiner Fehler reicht, wir dürfen uns keinen erlauben.“ Man kenne die Bayern aus dem Halbfinale im Ligapokal im Sommer, „als wir mit Glück gewonnen haben“. Das wäre ihm auch diesmal lieb, in seinem Spiel gegen die Bayern.

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