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Tankstopp

© AFP

Treibstoffwahl: Ökologischer Sieger

Indycars tanken umweltfreundliches Ethanol, die Formel 1 fährt dieser Entwicklung hinterher.

Autorennen gelten als alles mögliche: als spannend, als attraktiv, als Labor für die Technik der Zukunft, als einträgliche Freizeitindustrie. Nur als eines gelten sie nicht: umweltfreundlich. Doch in den USA könnte sich das ändern: Die Indycar-Serie – eine der populärsten Rennserien – hat zur neuen Saison auf Treibstoff aus umweltfreundlichen Ethanol aus nachwachsendem Mais umgestellt. Zu hundert Prozent.

Nun werben die Indycars bereits mit der Umweltfreundlichkeit, als stünden sie an der Spitze der Ökobewegung. Heute auf dem Oval in Brooklyn, Michigan, wird ein blaugrünes „e“ die Boliden und Fahrerhelme schmücken: „e“ wie „ecology“ und „e“ wie „ethanol“. „Wenn unsere 650-PS-Maschinen mit Ethanol laufen, kann es auch dein Auto“ – die Indycar-Webseite fordert alle Motorsportfans auf, privat ebenfalls umzusteigen und E-85 zu tanken: eine Mischung aus 85 Prozent Ethanol und 15 Prozent herkömmlichem Benzin, die moderne Motoren problemlos schlucken können.

Auch Max Mosley schwebt ein solches Szenario vor. Der Präsident des Automobil-Weltverbandes (Fia) möchte die Formel 1 gern grüner machen. Doch Veränderungen in seinem Machtbereich sind aufgrund der geballten Anhäufung von Eigeninteressen und Konzerninteressen nicht so leicht durchsetzbar wie in den USA. Auf dem Benzinsektor stehen Mosley etwa Shell, BP, Exxon oder Petrobras gegenüber, repräsentiert durch Personen wie Lisa Lilley. Sie ist Technischer Manager des Ferrari-Zulieferers Shell und bezeichnet den Trend zu Biosprit vorsichtig als „Schritt in die richtige Richtung“. Ab 2008 muss auch Formel-1-Benzin Ethanol enthalten, allerdings nur 5,75 Prozent. Ob es mehr werden, hängt auch vom Einfluss der Ölgiganten ab. „Wir werden weiterhin mit Lobbyarbeit versuchen, die Entwicklung auf dem Benzinsektor in unserem Sinne zu gestalten“, sagt Lilley.

Die Entwicklung im Sinne Bill Newmans geht ganz klar Richtung Ethanol. „Rennsiege sind die beste Reklame“, schwärmt der 41-Jährige. Er ist Vizepräsident für Gesundheit und Sicherheit bei Renova-Energie, deren Filiale Wyoming Ethanol in Torrington die Indycars exklusiv mit dem Biosprit beliefert. Der Mais wird gemahlen und aufgekocht, um den Zucker zu lösen. Die Masse wird vergoren und destilliert. Newman füllt eine Probe in einen gläsernen Messbecher ab: ein hochprozentiger Alkohol, der leicht süßlich riecht wie ein Obstschnaps. „Ethanol hat eine ähnliche Charakteristik wie das zuvor verwendete Rennbenzin Methanol. Die Oktanzahl liegt zwischen 113 und 117, der Verbrauch ist sogar etwas geringer“, sagt Newman. Und die Verwendung von Ethanol produziert bis zu 80 Prozent weniger Kohlendioxid.

Chef von Wyoming Ethanol ist Dan Schwartzkopf, selbst ein Rennfahrer. 1994 war Dan ins Ethanolgeschäft eingestiegen, lange bevor steigende Ölpreise und die Sorge um die Versorgungssicherheit aus der arabischen Welt auch die USA zum Umdenken brachten und in den jüngsten Jahren einen Ethanol-Boom auslösten. „Nur in der Verbindung mit Umweltbewusstsein hat der Rennsport Zukunft“, sagt Schwartzkopf.

Die Formel 1 hat sich noch nicht dazu durchringen können. Die Autos fahren zwar mit handelsüblichen Oktanzahlen, doch eine Emissionbegrenzung für die 70-Liter-Schleudern gibt es weiterhin nicht. Außerdem fördert das Reglement die Taktik des sinnlosen Umherfahrens zur Gewichtsreduktion durch Benzinverbrennung im Qualifying. Auf dem Weg in Richtung Grün werden vor allem Autohersteller und Ölkonzerne zu überzeugen sein. Sie sehen die Formel 1 als Wettbewerbsbühne für kraftstrotzende und nicht für umweltfreundliche Produkte an. Man sträube sich nicht prinzipiell gegen Ökobenzin, sagt Lisa Lilley, „aber wenn uns irgendwann der kommerzielle Nutzen für den Transfer auf die Straße fehlt, muss man über unser Engagement diskutieren. Und es wird gerade eine Menge diskutiert.“ Zum Beispiel, was nach Auslaufen des Grundsatzvertrags 2011 passiert. Klar sei nur, dass sich „in den nächsten zehn, fünfzehn Jahren“ das Tankstellenbenzin radikal verändern werde, sagt Lilley. „Die Formel 1 sollte der Anführer in dieser Hinsicht sein.“ Momentan fährt sie aber den Indycars deutlich hinterher.

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