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Raffael (l., mit Adrian Ramos), einst kreativer Kopf bei Hertha, hat dem Verein einen Batzen Geld hinterlassen. Sein Transfer schönt die Bilanz des Zweitligisten.

© AFP

Trotz Schulden: Hertha rechnet fest mit der Lizenz

Die Deutsche Bahn wird den Vertrag als Hauptsponsor bei Hertha wohl verlängern, wodurch die Lizenz deutlich wahrscheinlicher geworden ist. Doch den Verein drücken 42 Millionen Euro Schulden.

Berlin - Wenn Ingo Schiller das nächste Mal mit der Eisenbahn fährt, wird er das mit einem optimistischen Grundgefühl tun, ganz gleich ob der Zug pünktlich sein wird oder nicht. Schiller verantwortet bei Hertha BSC die Finanzen, und weil das in diesem Fall herzlich wenig Freude mit sich führt, könnte er bei der nächsten Fahrt glatt ins Tagträumen kommen. Das Staatsunternehmen wird Hertha nämlich als Hauptsponsor über den Sommer hinaus bis 2015 erhalten bleiben.

Die Unterschrift steht unmittelbar bevor, sagt Schiller. Der 47-Jährige hat gestern die Lizenzunterlagen für die neue Spielzeit im Gefühl eines positiven Rückbescheids eingereicht. Doch irgendwann muss auch Schiller aussteigen. Durch den neuen Bahn-Vertrag (Jahresvolumen für die Bundesliga 4,5 Millionen Euro) ist Herthas Lizenz zwar deutlich wahrscheinlicher geworden, doch den Verein drücken 42 Millionen Euro Schulden.

In der Zwischenzeit hat sich die Situation weiter verschärft. Denn Hertha muss den zweiten Abstieg innerhalb von drei Jahren verkraften, was vor allem auf die Wirtschaftlichkeit durchschlägt. Das vergangene Geschäftsjahr, das des erneuten Bundesligaabstiegs, schloss Hertha mit einem Minus im operativen Geschäft von sieben Millionen Euro. Für das laufende Geschäftsjahr hatte Schiller mit einem Minus von 13 Millionen geplant. Damit würde Hertha zum Bilanztag am 30. Juni sogar den Rekordschuldenstand von 2006 toppen, als der Klub 54 Millionen Euro Schulden auswies.

Doch die Verluste in dieser Zweitligasaison werden geschmälert durch den Verkauf von Raffael. Der Brasilianer verließ den Klub im vorigen Sommer für rund zehn Millionen Euro nach Kiew. Da aber Raffael zu jenem Spielerkreis gehört, dessen Transferrechte anteilig einem geheimen Investor übertragen wurden, kann Hertha die Erlöse nicht eins zu eins für sich verbuchen. Angeblich hat der Investor seine Beteiligung an Raffael auf andere Spieler verteilt, und sich mit den Zinsen aus diesem Geschäft zufrieden gegeben. Offen spricht bei Hertha niemand darüber, weil so gut wie niemand weiß, wer überhaupt der Investor ist. Schiller dementiert das Zinsgeschäft allerdings auch nicht. Insofern wird Hertha nach Ablauf des laufenden Geschäftsjahres „nur“ noch ein Minus zwischen fünf bis sieben Millionen ausweisen.

Zum Vergleich: Das Zweitligajahr 2010/11 schloss Hertha mit einem Minus von rund acht Millionen Euro ab. Das allerdings nur wegen einer Einlage (Februar 2011) eben jenes geheimen Investors in Höhe von acht Millionen Euro. Mit dem Investor ist eine Vereinbarung über ein Spielerbeteiligungsmodell getroffen, welches eine Beteiligung des Investors an künftigen Transfererlösen vorsieht. Der Investor ist dabei mit bis zu 50 Prozent an einem Spielerportfolio beteiligt. Er erhält – neben einer Grundverzinsung – im Falle eines Transfers eines Spielers aus diesem Portfolio in Abhängigkeit von der Höhe der erzielten Transferentschädigung einen anteiligen Erlös von bis zu maximal 130 Prozent seines Anteils.

Grundsätzlich hat Hertha nun die Lizenz für beide Ligen beantragt. Für den wahrscheinlicheren Fall, also den des Aufstiegs, plant Hertha mit einem Etat von rund 63 Millionen Euro für die neue Spielzeit. Das entspräche in etwa den Werten, mit denen der Verein die Bundesligasaison 2011/12 angegangen war. Der größte Zugewinn für eine Bundesligasaison würde aus dem neuen Fernsehvertrag resultieren. Statt durchschnittlich 412 Millionen Euro wie bisher, zahlt das Fernsehen für die neue Spielzeit 560 Millionen Euro. Auf Hertha könnten im Aufstiegsfall rund 21 Millionen Euro entfallen. Das würde davon abhängen, welche Vereine mitaufsteigen und welche Erstligisten absteigen. Das TV-Geld wird nach einer Fünfjahreswertung aufgeschlüsselt. Auch hier kosten Hertha beide Abstiege bares Geld. Kaiserslautern oder Köln als Mitaufsteiger stünden besser da.

Zu den Kalamitäten gehört die Entwicklung bei den Zuschauerzahlen. Hier kalkulierte Hertha für die laufende Saison mit einem Durchschnittswert von 38 000 Zuschauern je Spiel. Derzeit liegt der Klub mit erreichten 37 164 Zuschauern nach zwölf von 17 Heimspielen knapp unter der Kalkulation und nebenbei noch hinter dem 1. FC Köln (38 668). In der vergangenen Zweitligasaison erreichte Hertha einen Durchschnittswert von 46 000. Solche Mehreinnahmen werden dieses Mal fehlen.

Unabhängig davon wird Hertha aber die vom Senat gestundeten Mietzahlungen für das Olympiastadion zurückzahlen. Versprochen, sagt Schiller. Die gut 2,5 Millionen Euro seien fest eingeplant.

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