zum Hauptinhalt

Sport: Trotzig gewonnen

Deutschland kommt mit dem Sieg gegen Tunesien dem WM-Viertelfinale näher

Lag es am Auftreten der deutschen Mannschaft? Oder sind die Fans in Dortmund ganz einfach zu verwöhnt? Die 12 000 Zuschauer in der Westfalenhalle, die so gern als Wohnzimmer des deutschen Handballs bezeichnet wird, haben den ersten Vergleich mit denen im westfälischen Halle klar verloren. Das zweite WM-Hauptrundenspiel Deutschlands bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land gegen Tunesien hätte zweifellos ein leidenschaftlicheres Publikum verdient gehabt. „Die haben sich ja kaum bewegt“, kritisierte auch Bundestrainer Heiner Brand, der aus seiner aktiven Zeit bei den Europacup-Auftritten des VfL Gummersbach anderes in Erinnerung hatte.

Immer wieder ruderte Henning Fritz, der deutsche Torhüter, mit den Armen und forderte zur intensiveren Unterstützung auf. Das 35:28 (19:11) gegen den von Brand vor der Weltmeisterschaft als „mein Geheimfavorit“ bezeichneten Gegner war schließlich kein Selbstläufer.

Einige deutsche Spieler formulierten nach den 60 Minuten gleichermaßen einen Satz, als hätten sie ihn vorher auswendig gelernt: „Wir sind in diesem WM-Turnier angekommen.“ Sebastian Preiß fügte hinzu: „Die letzten beiden Siege waren auch eine Trotzreaktion auf die Niederlage gegen Polen.“

Auch Henning Fritz sagte das. Der Kieler, in der Bundesliga zuletzt regelrecht in seinem Verein THW Kiel zurückgedrängt, kommt mit jedem Spiel seiner Weltklasse von einst ein Stückchen näher. Nicht nur wegen der drei gehaltenen Siebenmeter gegen die tunesischen Stars Wissem Hmam und Aymen Hammed. Henning Fritz ist deshalb wieder zurück, weil er Emotionen zeigt und damit das ganze Team von hinten heraus aufbaut. „Das Team hat sich sehr gefreut, dass er als bester Spieler ausgezeichnet wurde“, sagte Brand, der nun „auf eine weitere Steigerung gegen Frankreich und Island“ hofft.

Gegen Tunesien gefiel ihm der Auftritt seiner Spieler „bis auf die Startphase und die letzten 20 Minuten“. Zu Beginn hatte es ein paar technische Fehler gegeben und einige Fehlwürfe. Aber vom 4:3 an (9. Minute) kamen die Deutschen nicht mehr in Rückstand. In der Schlussphase dagegen, als es mehrmals einen Vorsprung von zehn Toren gab (24:14/40.), und der Bundestrainer auch die Wechselspieler einsetzte, ging die Linie etwas verloren. „Bei dem Spielstand und dem bisherigen Kräfteverschleiß habe ich aber auch ein wenig Verständnis dafür“, sagte Brand. Er konnte sich schließlich darüber freuen, dass – bis auf den im Angriff meist ausgewechselten Abwehrrecken Oliver Roggisch – alle Feldspieler mindestens einen Treffer zum Erfolg beitrugen.

Rechtzeitig vor den entscheidenden Spielen um den Viertelfinaleinzug kommt auch der Kieler Christian Zeitz in Form. Auch seine sieben Treffer trugen dazu bei, dass Tunesiens Trainer Sead Hasanefendic von seinem Team sehr enttäuscht war. „Wir hatten uns gegen Deutschland etwas ausgerechnet“, sagte er. Dann aber erwies er sich auch als fairer Verlierer: „Ich drücke dem Team die Daumen“, sagte er und gab Brand gleich noch einen Rat mit auf den Weg: „Vom Viertelfinale an ist es völlig egal, wer der Gegner ist, aber erreichen muss man es erst.“

Die Deutschen sind auf dem besten Weg dorthin. „Wenn wir noch eine Schippe drauflegen, dann können wir auch Frankreich besiegen“, sagte Abwehrchef Oliver Roggisch, „Angst haben wir vor keiner Mannschaft.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false