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Sport: Tschechien droht das Vorrunden-Aus

Hamburg - Man könne viel über Technik und Taktik reden, hat Bora Milutinovic vor kurzem gesagt, „entscheidend ist die Stimmung“. Der Trainer-Weltenbummler hat vergessen zu erwähnen, dass auch die beste Stimmung schnell kippen kann.

Hamburg - Man könne viel über Technik und Taktik reden, hat Bora Milutinovic vor kurzem gesagt, „entscheidend ist die Stimmung“. Der Trainer-Weltenbummler hat vergessen zu erwähnen, dass auch die beste Stimmung schnell kippen kann. Bei den Tschechen ist das dieser Tage gut zu beobachten gewesen, die Veränderung des Wohlfühlfaktors hat aber keineswegs mit internen Streitigkeiten zu tun. Sie hatten einfach nicht erwartet, dass nach einem wundervollen Spiel schnell ein grausames folgen kann. Seit dem 0:2 gegen Ghana befinden sie sich in einer Art Schockzustand. Zuvor hatten sie die USA noch 3:0 besiegt. Nun droht das Aus in der Vorrunde. Um sicher zu sein, das Achtelfinale zu erreichen, müssen die Männer um Trainer Karel Brückner heute gegen Italien auf Sieg spielen.

Es waren zwei Dinge, die den Tschechen das Selbstbewusstsein raubten. Zum einen die teilweise desolate Leistung im Ghana-Spiel, zum anderen die Erkenntnis, dass ohne die Leistungsträger Jan Koller und Milan Baros nur wenig geht. Wenn weitere Spieler nicht an ihre Leistungsgrenze kommen, wird es vor allem gegen schnell und athletisch spielende Gegner schwer für die nicht mehr so jungen Tschechen. Da gegen Ghana auch die Verteidiger Tomas Ujfalusi und Tomas Galasek einen furchtbaren Tag erwischten, rätseln nun alle, wie man gegen Italien spielen soll. Viele Varianten bleiben nicht, denn Ujfalusi hatte nicht nur schlecht gespielt und einen Elfmeter verschuldet. Er hatte auch Rot gesehen und ist nun ebenso wie Vratislav Lokvenc nach seiner zweiten Gelben Karte gesperrt.

Die taktischen Varianten der Tschechen werden jedenfalls durch Sperren und Verletzungen immer weniger. Allerdings nur dann, wenn Brückner sein geliebtes 3-5-1-System nicht aufgeben will. Dabei offenbarte gegen Ghana ausgerechnet das tschechische Mittelfeld trotz der kompakten Aufstellung erstaunlich viele Lücken. Tomas Rosicky, der gegen Ghana selbst zwar engagiert spielte und nie aufgab, aber meistens kopflos den Ball nach vorne trieb, gab zu: „Wir sind nach dem schnellen Gegentor überhaupt nicht mehr in unser Spiel gekommen.“ Brückner hat jetzt immer noch die Möglichkeit, mit zwei Stürmern zu spielen: Marek Heinz und Libor Sionko. Ein selbstbewusstes Team würde diese Variante wählen.

Wahrscheinlicher aber wird jetzt eine Variante, die man schon abgehakt zu haben schien. Am Dienstag hatte Milan Baros erstmals seit dem 3. Juni wieder trainiert, und nun starren alle auf das tägliche ärztliche Bulletin. Der Stürmer von Aston Villa hatte sein Schicksal, eine schmerzhafte Fersenverletzung, bisher mit der Ruhe eines Philosophen ertragen. „Fußball ist wie das Leben. Manchmal bist du unten, manchmal oben. Leider ist die Weltmeisterschaft der schlechteste Moment, um unten zu sein“, hatte Baros gesagt. Doch selbst der vorsichtige Brückner hat sich zu dem Satz hinreißen lassen: „Es gibt eine Chance auf seinen Einsatz.“ Das trifft auch auf Jan Koller zu, der wieder im Aufgebot steht.

Bleibt die Frage, ob es dem Selbstbewusstsein der Tschechen weiterhilft, wieder ihre Hoffnungsträger zu haben. Gut möglich, dass es wenigstens ihre Stimmung hebt.

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