zum Hauptinhalt
Ein Mann hat genug. Huub Stevens zieht sich in Hoffenheim zurück.

© dpa

Update

Herzrhythmusstörungen: Huub Stevens tritt als Trainer der TSG Hoffenheim zurück

Huub Stevens hört beim Bundesligisten TSG Hoffenheim aus gesundheitlichen Gründen als Trainer auf. Übernimmt jetzt Julian Nagelsmann früher als geplant?

Wer Huub Stevens am Dienstag über den Trainingsplatz in Zuzenhausen schlendern sah, konnte einen Trainer beobachten, der wenig Zuversicht ausstrahlte. Fast teilnahmslos wirkte der 62-Jährige, während sein Team ein Trainingsstandardprogramm abspulte. Der Niederländer schaute starr vor sich hin, sprach kaum ein Wort. Einen Tag später trat Stevens aus gesundheitlichen Gründen als Trainer der TSG Hoffenheim zurück. Am Montag hatten Ärzte der Uni-Klinik Heidelberg erste Untersuchungen bestätigt, dass Stevens unter Herzrhythmusstörungen leidet.

„Es kann sein, dass ich in naher Zukunft operiert werden muss. Das Risiko, weiter zu machen, ist zu groß. Für so einen Job musst du hundertzwanzigprozentig fit sein“, sagte Stevens. „Ich denke, dass das auch das Ende meiner Trainerkarriere ist. Ich habe die Entscheidung in der letzten Nacht getroffen.“ Die Ärzte hätten ihm zwar nicht zu diesem Schritt geraten, „aber man macht sich seine Gedanken, die Gesundheit geht immer vor“. Gegen 10.15 Uhr am Mittwoch informierte Stevens TSG-Manager Alexander Rosen über seine Rücktrittsentscheidung. „Wir hatten alle einen Klos im Hals und Tränen in den Augen“, berichtete Rosen.

Vorerst übernehmen die bisherigen Assistenten Alfred Schreuder und Armin Reutershahn die abstiegsbedrohten Kraichgauer und betreuen das Team am Samstag beim Auswärtsspiel in Bremen. Zur nächsten Saison – so die bisherigen Pläne – sollte der bisherige U-19-Trainer Julian Nagelsmann mit einem Vertrag bis 2019 die Profi-Elf der TSG übernehmen. Ob Nagelsmann angesichts der Erkrankung von Stevens den Posten früher antritt, steht laut Manager Rosen nicht fest.

Nagelsmann müsste vorerst mit einer Ausnahmegenehmigung arbeiten. Der 28-Jährige wollte ursprünglich im März seine Prüfung als Fußball-Lehrer ablegen. „Wir sind in Gesprächen, können aber nach so kurzer Zeit noch keine endgültige Lösung präsentieren“, sagte Rosen. Dass Nagelsmann schon nach der Partie in Bremen übernimmt, scheint nicht ausgeschlossen.

Egal, wie der Abstiegskampf ausgeht, von Nagelsmann wird ein Neuaufbau des Kaders erwartet. Dass dieser Prozess nun so schnell gehen muss, hat in Hoffenheim dennoch alle überrascht. Ebenso die 0:2-Heimniederlage gegen Aufsteiger Darmstadt, nach der es zu tumultartigen Szenen im TSG-Fanblock kam. Das Spiel am vergangenen Sonntag war der gefühlte Tiefpunkt der kurzen Ära Stevens, der intern erste Diskussionen darüber auslöste, ob eine Trennung von Stevens Sinn macht. Nun ging Stevens von sich aus.

"Die Erkrankung hat nichts mit dem Abstiegskampf zu tun"

Der immer aussichtsloser erscheinende Abstiegskampf bei mageren 14 Punkten und Platz 17 nagte auch am Nervenkostüm des als Retter verpflichteten Stevens. „Die Erkrankung hat nichts mit dem Abstiegskampf zu tun“, sagte der Trainer am Mittwoch. In zehn Spielen gelang ihm nur ein Sieg, acht Punkte holte er insgesamt. Keine Frage: Hoffenheim hat sich von Stevens mehr erwartet – und umgekehrt. Jetzt muss in der Krise ein neuer Krisenplan gestrickt werden.

Fakt ist, in Hoffenheim trat ein anderer Huub Stevens auf als in Stuttgart. Dort hatte der kämpferisch zweimal den VfB vor dem Abstieg bewahrt. In Hoffenheim drängt sich der Eindruck auf, Stevens habe – wie der Verein selbst – das aktuelle Team falsch eingeschätzt. Der Niederländer schien nach und nach den Kontakt zu den Spielern zu verlieren, trat zunehmend gereizt auf und sorgte mit ständigen Personalwechseln für Verwirrung in seinem Kader. Stevens Rücktritt – egal aus welchen Gründen – darf man auch als „Brücke“ sehen, die beide Seiten das Gesicht wahren lässt. Bald nach seinem Amtsantritt am 27. Oktober 2015 stellte sich bei Stevens Ernüchterung ein. Lange wollte auch die Vereinsführung nicht eingestehen, dass man bei Transfers keine glückliche Hand hatte und der Qualitätsverlust nach den Abgängen der Routiniers Sejad Salihovic, Andreas Beck und Roberto Firmino zu groß ausfiel. Anders als in Stuttgart kam Stevens nie wirklich in Hoffenheim an.

Jetzt steht, so wird es Klubeigner Dietmar Hopp verstehen, sein Fußball-Lebenswerk auf dem Spiel, in das er einen dreistelligen Millionenbetrag investierte. Es ist davon auszugehen, dass der Nagelsmann-Fan Hopp weitere Mittel zur Verfügung stellt, um einen neuen Anlauf zu nehmen, den Klub im Profifußball zu stabilisieren. Eigentlich würde der SAP-Gründer seinen Verein gerne auf eigenen Füßen stehen sehen, das heißt ohne massive finanzielle Hilfe von seiner Seite. Nun ist zu vermuten: Die TSG Hoffenheim wird weiterhin die TSG Hopp bleiben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false