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Sport: Türken träumen vom Titel

Es war die Stunde seines größten Triumphes, aber Senol Günes blickte drein, als wäre er auf einer Beerdigung. Während in Istanbul die türkische Fußball-Nationalmannschaft und ihre Fans die erste Teilnahme der Türkei an einer Fußball-Weltmeisterschaft seit einem halben Jahrhundert feierten und die Menschen im ganzen Land Freudentänze aufführten, deutete Günes, der Vater des Erfolgs, seinen Rücktritt als Nationaltrainer an.

Es war die Stunde seines größten Triumphes, aber Senol Günes blickte drein, als wäre er auf einer Beerdigung. Während in Istanbul die türkische Fußball-Nationalmannschaft und ihre Fans die erste Teilnahme der Türkei an einer Fußball-Weltmeisterschaft seit einem halben Jahrhundert feierten und die Menschen im ganzen Land Freudentänze aufführten, deutete Günes, der Vater des Erfolgs, seinen Rücktritt als Nationaltrainer an. Er fühlte sich in der Vergangenheit zu hart kritisiert. Der historische und überzeugende 5:0-Sieg über Österreich erhielt so für die Türken einen etwas bitteren Beigeschmack.

Ein seltsamer Kontrast: die Trauermiene des Trainers und die Stimmung im Land. Das türkische Staatsfernsehen TRT hatte vor der Begegnung 20 000 türkische Fahnen an die Zuschauer verteilen lassen, um der Fernseh-Übertragung den richtigen Anstrich zu geben. Doch das war eigentlich überflüssig. "Wir sind immer an eurer Seite", stand auf den rot-weißen Schals, mit denen die Fans der türkischen Mannschaft von den Rängen aus zuwinkten. Nach dem Abpfiff strömten die Menschen in großen Teilen der Türkei auf Straßen und Plätze, um mit Fahnen, Feuerwerk und Autokorsos zu feiern. Schon nach dem 1:0-Sieg beim Hinspiel in Wien war die Öffentlichkeit fest von der ersten WM-Qualifikation seit 47 Jahren überzeugt. Bisher nahm die Türkei nur ein einziges Mal an einer Fußball-Weltmeisterschaft teil, das war 1954 in der Schweiz; damals war schon in der Vorrunde Schluss. Für die WM 1950 in Brasilien hatte sich das Land zwar ebenfalls qualifiziert, die Teilnahme dann aber aus finanziellen Gründen abgesagt.

So etwas wäre heute undenkbar. Der bekannte Fußball-Kommentator Hilal Uluc träumt sogar schon von neuen Zielen: "Wenn unsere Nationalmannschaft gut vorbereitet und trainiert wird, dann ist der Weltmeister-Titel drin", schrieb er.

Interessiert das Senol Günes noch sonderlich? Der Mann, dessen Familienname "Sonne" bedeutet, ließ mit finsterem Gesicht erkennen, dass die oft beißende Kritik an seiner Arbeit in den letzten Monaten nicht spurlos an ihm vorübergegangen ist. Der als sensibel bekannte Günes hatte den Trainerposten im vergangenen Jahr übernommen und war in der Presse oft attackiert worden, vor allem, weil die WM-Qualifikation lange Zeit gefährdet war. "Die, die nach mir kommen, sollen so etwas nicht erleben", sagte er.

Ein Nachfolger für Günes, sollte der wirklich zurücktreten, drängt sich schon auf: Fatih Terim, der Galatasaray Istanbul zum Uefa-Cup-Sieg führte und gerade beim AC Mailand gefeuert wurde. Terim ist in der Türkei hoch angesehen, obwohl auch er schon extrem hart kritisiert wurde; derzeit sucht er einen neuen Job. Das Spiel der Nationalmannschaft gegen Österreich schaute er sich schon einmal von der Tribüne aus an.

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