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Hiddink schwant Böses. Der Nationaltrainer blickt in eine unsichere Zukunft des türkischen Fußballs.

© dpa

Türkischer Fußball: Das Spiel ist verseucht

Vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Kasachstan belastet ein Betrugsskandal das türkische Nationalteam.

Eigentlich müsste sich der türkische Fußball in diesen Tagen ganz auf die Qualifikation für die Europameisterschaft 2012 konzentrieren. Das Land liegt mit einem Punkt Rückstand hinter Belgien auf Platz 3 der Gruppe A, und die Spiele am Freitag gegen Kasachstan und kommende Woche gegen Österreich werden entscheidend sein. Doch die Länderspiele sind nur noch ein Randthema am Bosporus. Zwei Monate nach Bekanntwerden des größten Fußball-Skandals in der Geschichte des Landes bekriegen sich Vereine und Verband.

Anfang Juli nahm die Polizei einen der mächtigsten Männer der Szene fest: Aziz Yildirim, reicher Bauunternehmer und Präsident von Fenerbahce Istanbul. Sein Geld soll dem Verein in der vergangenen Saison die Meisterschaft gesichert haben. Yildirim sei die entscheidende Person bei den organisierten illegalen Bestechungszahlungen an gegnerische Mannschaften, so die Staatsanwaltschaft. Auch andere Spitzenklubs wie Besiktas Istanbul sollen Gegner bestochen haben. Insgesamt sitzen mehr als 30 Verdächtige in Haft, 19 Spiele sollen manipuliert worden sein.

Seit den ersten Festnahmen erweist sich der Verband als unfähig, Ordnung in das Chaos zu bringen. Verbandschef Mehmet Ali Aydinlar überlässt die Untersuchung des Skandals der Staatsanwaltschaft. Die Beweismittel der Ermittler reichen ihm aber nicht für möglicherweise unpopuläre Entscheidungen. Für eine Relegation von Fenerbahce gebe es keinen Grund, weil noch niemand verurteilt sei, sagt Aydinlar. In der türkischen Presse gilt er als Duckmäuser: Der Verband wage es nicht, sich mit den reichen Klubs anzulegen. „Macht weiter wie bisher, lasst Euch nur nicht mit Geld in der Hand auf frischer Tat ertappen“, lautete unlängst der Kommentar des Kolumnisten Aziz Üstel.

Anders als Aydinlar sah Europas Fußballverband Uefa keinen Grund, abzuwarten. Sie schickte Ermittler an den Bosporus, die sich mit Staatsanwälten und Verbandsvertretern trafen, und forderte die Türken anschließend auf, Fenerbahce aus der Champions League auszuschließen. Aydinlar fügte sich und meldete den Verein ab. Fenerbahce mimt seitdem das Opfer. Wenn man in Europa unerwünscht sei, dann wolle man eben in Asien spielen. Der Meister stellte einen Antrag auf Zwangsabstieg in die Zweite Liga, der Verband lehnte ab. Die wegen des Skandals um einen Monat verschobene neue Saison soll wie geplant am 10. September beginnen – mit Fenerbahce.

Und die Nationalmannschaft? Die sei inmitten des Skandals fast in Vergessenheit geraten, kommentierte die Zeitung „Milliyet“ am Donnerstag. Die Moral der Nationalspieler sei am Boden. Guus Hiddink, der niederländische Trainer, versuchte, die Akteure mit lockeren Spielchen auf die wichtige Partie gegen Kasachstan vorzubereiten. Doch auch Hiddink kann dem Skandal nicht entfliehen. Überall werde er im Ausland darauf angesprochen, klagt er. Presseberichten zufolge könnte in der Vergangenheit auch bei Länderspielen gemogelt worden sein. Hiddink droht, seinen Job aufzugeben, wenn sich das bewahrheiten sollte.

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