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Der Blick sagt alles: Das war es für Guus Hiddink als türkischer Nationaltrainer.

© dpa

Türkischer Fußball: Guus Hiddink nach verpasster EM entlassen

Es hatte sich schon länger angedeutet, nun ist es Fakt: Guus Hiddink ist nicht mehr Nationaltrainer der Türkei. Wer Nachfolger wird, ist offen. Klar scheint aber: Einen ausländischen Coach wird es wohl so schnell nicht wieder geben.

In der Türkei ist am Mittwoch ein bisher einmaliges Experiment zu Ende gegangen. Nach nur anderthalb Jahren im Amt wurde der Niederländer Guus Hiddink, der erste ausländische Trainer einer türkischen Fußball-Nationalmannschaft, mit sofortiger Wirkung gefeuert. „Wir wünschen ihm ein gesundes und glückliches Leben“, erklärte der Verband TFF. Ganz so herzlich, wie es die guten Wünsche glauben machen wollten, fiel Hiddinks Abschied vom Bosporus allerdings nicht aus. Der 65-jährige kehrte nach dem letzten Spiel unter seiner Regie nicht einmal mehr in die Türkei zurück. Das 0:0 im Play-off-Rückspiel gegen Kroatien in Zagreb bedeutete das Ende der türkischen Hoffnungen auf Teilnahme an der EM im kommenden Jahr.

Mit Hiddinks Rauswurf dürfte das Experiment eines ausländischen Nationaltrainers der Türkei endgültig gescheitert sein. Eine Neuauflage mit Berti Vogts, über die in den vergangenen Tagen spekuliert worden war, erscheint unwahrscheinlich, zumal sich auch die Politik in die Nachfolge-Debatte einschaltete. „Meiner Meinung nach muss unbedingt ein türkischer Trainer an der Spitze der türkischen Nationalmannschaft stehen“, sagte Sportminister Suat Kilic dem türkischen Nachrichtensender NTV. Der Trainer müsse dieselbe Sprache sprechen wie die Spieler.

Als Favorit für die Hiddink-Nachfolge gilt der 48-jährige Istanbuler Vereinstrainer Abdullah Avci. Der Verband wollte sich aber noch nicht auf einen neuen Namen festlegen.

Seit Sommer 2010 hatte sich Hiddink bemüht, die türkische Mannschaft für die Europameisterschaft 2012 fit zu machen. Doch die Qualifikationsrunde brachte eine Enttäuschung nach der anderen, und zwar für beide Seiten. Die Türken krittelten am fremden Trainer herum, der sich angeblich zu wenig engagierte. Hiddink selbst berichtete frustriert, seine Spieler seien im Falle eines Rückstandes nicht mehr zu halten und stürmten allesamt nach vorn, statt auf ihren Positionen zu bleiben und mit kühlem Kopf den Ausgleich anzupeilen.

Ironischerweise brachte ausgerechnet das letzte Spiel unter Hiddink am Dienstagabend in Zagreb erste Anzeichen für eine Verbesserung. Hiddink bot eine Reihe jüngerer Spieler auf, denen er hinterher auch sein ausdrückliches Lob aussprach. In der Presse war ebenfalls von einem „ehrenhaften“ Abschied aus der EM-Qualifikation die Rede.

Am Ende der kurzen Ära Hiddink wurde vielerorts der Ruf nach einem grundsätzlichen Neuanfang laut, der sich nicht in der Ernennung eines neuen Trainers erschöpfen dürfe. Hiddink scheiterte nicht zuletzt deshalb, weil der Verband und die Öffentlichkeit schnelle Erfolge in der EM-Qualifikation sehen wollten und dem Trainer mit diesem Druck die Möglichkeit nahmen, mit einem Generationswechsel in der Mannschaft ein neues Team für die kommenden Jahre aufzubauen.

„Lasst uns jetzt nicht kurzfristig denken, sondern langfristig“, rief „Hürriyet“-Sportkolumnist Gökmen Özdemir am Mittwoch seine Leser auf. Auch Sportminister Kilic forderte eine über den Tag hinausreichende Strategie und eine konsequente Nachwuchsförderung: In den Reihen der türkischen Startelf müssten künftig mindestens fünf Spieler im Alter von unter 22 Jahren sein, verlangte der Minister.

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