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Im Zeichen des "B". 2014 lief Erdogan beim Eröffnungsspiel des neuen Stadions im Trikot von Basaksehirspor auf.

© AFP

Türkischer Fußball: Streit um Erdogans Lieblingsklub

In der Türkei kann Basaksehirspor erstmals Fußball-Meister werden. Der regierungsnahe Verein ist umstritten und soll zuletzt bevorteilt worden sein.

Der Blick auf die Tabelle der türkischen Süper Lig dürfte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan momentan besonders gut gefallen. Dort liegt ein Klub namens Basaksehirspor nur vier Punkte hinter Spitzenreiter und Traditionsklub Besiktas Istanbul. Fünf Spieltage vor Saisonende ist sogar der erstmalige Gewinn der Meisterschaft möglich. Ein neues Märchen á la Leicester City? Nicht ganz. Trotz des sportlichen Erfolgs ist der Verein nicht unumstritten. Fans hat Basaksehir aufgrund fehlender Tradition nur wenige, im Schnitt kommen zu den Heimspielen nur um die 3000 Zuschauer. 

Zum Eröffnungsspiel des Stadions lief Erdogan auf

Vor allem an der Frage, wie viel die positive Entwicklung des Vereins mit den Verbindungen zur Regierung zu tun hat, scheiden sich die Geister. Die Nähe zur Regierungspartei AKP und zu Erdogan gilt als offenes Geheimnis. Hauptsponsor und Namensgeber des Vereins ist der Krankenhausbetreiber Medipol, dessen Inhaber als enger Vertrauter Erdogans gilt. Vereinspräsident Göksel Gümüsdag ist mit einer Nichte der Ehefrau Erdogans verheiratet, bei der Hochzeit war der Staatspräsident Trauzeuge. Gümüsdag ist gleichzeitig auch Chef der Klubvereinigung. Zum Eröffnungsspiel des neuen Stadions lief im Sommer 2014 Erdogan persönlich auf. Die Rückennummer 12, die er dabei trug, wird seitdem an keinen Spieler mehr vergeben.

Die Nähe Basaksehirs zur Politik und zum ebenso regierungsnahen Fußballverband TFF sorgt immer wieder für Diskussionen. Jüngstes Beispiel: Nach einem Auswärtsspiel in Rize kam es vor dem Stadion zu einem Streit zwischen Basaksehir-Kapitän Emre Belözoglu und einem Anhänger. Als zwei Journalisten die Auseinandersetzung filmen wollten, griffen mehrere Basaksehir-Profis sie an und schlugen auf sie ein. Der Vorfall wurde von Überwachungskameras festgehalten und sorgte für großes Aufsehen. Um den Imageschaden zu beheben, lud der Verein die Opfer ein, damit sich die beteiligten Profis vor laufender Kamera bei ihnen entschuldigen konnten. 

Nur ein Spiel Sperre für den Leistungsträger

Trotzdem wurde die Kritik umso lauter, als die Disziplinarkommission des TFF die Bestrafungen zum Fall bekannt gab. Die Aufnahmen zeigten, dass hauptsächlich drei Spieler die Journalisten angegriffen hatten: Ufuk Ceylan, Yalcin Ayhan und Volkan Babacan. Ersatztorwart Ceylan und Verteidiger Ayhan wurden für fünf Spiele gesperrt. Für Babacan, türkischer Nationaltorwart und absoluter Leistungsträger der Mannschaft, gab es dagegen nur ein Spiel Sperre. Somit war er im so wichtigen Spiel gegen Besiktas spielberechtigt.

Und das Spiel gegen Besiktas wurde am Wochenende mit 3:1 gewonnen, womit das Titelrennen wieder spannend wurde. Der TV-Experte Mehmet Demirkol sprach angesichts der ungleichen Bestrafung von einer „Posse“. Der ehemalige Nationalspieler Ridvan Dilman bemängelte einen „Doppelstandard“ und erklärte in einer TV-Sendung: „Es wurde Theater gespielt. Basaksehir hat sich mit dem Verband verständigt, und das ist dabei herausgekommen. Wenn es keine Gerechtigkeit gibt, was bringt es dir dann, wenn du Meister wirst?“

Auch im Pokal hat das Team noch Chancen

Soweit ist es noch nicht, wenngleich Präsident Gümüsdag die Chance auf den Titel wittert: „Dieses Spiel war unser Weckruf. Wir werden das Rennen bis zum Schluss durchziehen.“ Auch im Pokal hat das Team noch die Chance zum Titel und steht im Halbfinale. Ungeachtet der Ungereimtheiten muss aber auch festgehalten werden, dass Trainer Abdullah aus türkischen und ausländischen Spielern eine schlagkräftige Mannschaft geformt hat. Namhaftester Akteur ist Winterneuzugang Emmanuel Adebayor. Der frühere Arsenal-Star hat sich als Verstärkung erwiesen und in zehn Pflichtspielen sieben Treffer erzielt. Daneben gilt der erst 19-jährige Cengiz Ünder als eines der größten türkischen Talente. (dpa)

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