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Hambüchen

© dpa

Turn-WM: Die Deutschen feiern weiter

Nach Bronze mit dem Team gewinnt Fabian Hambüchen bei der Turn-WM Silber im Mehrkampf. Mit ein bißchen Glück hätte es sogar für Gold reichen können.

Die deutschen Turner lernen bei der WM in Stuttgart ein ganz neues Gefühl kennen, allen voran Fabian Hambüchen: Nach Bronze im Team ist Hambüchen iWeltmeisterschaft in Stuttgart nach einer fulminanten Aufholjagd Zweiter im Mehrkampf geworden. 24 Stunden nach Mannschafts-Bronze holte der 19-Jährige aus Wetzlar am Freitag die zweite deutsche Medaille dieser WM. Nach drei von sechs Geräten hatte Hambüchen nur auf Platz 23 rangiert. Vor 8000 Zuschauern in der Schleyer-Halle verteidigte Wei Yang aus China seinen Mehrkampf-Titel trotz eines Sturzes am Reck mit 1,475 Punkten Vorsprung auf Hambüchen. Rang drei ging an den Japaner Hisashi Mizutori. Philipp Boy aus Cottbus belegte Platz 18.

Tags zuvor hatten Fabian Hambüchen und Philipp Boy noch Pech gehabt. Sie durften zwar ausgelassen feiern, aber nichts trinken. Oder jedenfalls nur wenig. Denn Hambüchen und Boy mussten ja gestern Nachmittag bei der WM in Stuttgart turnen. Aber die anderen Kunstturner aus der deutschen Nationalmannschaft durften feiern, am späten Donnerstagabend, als sie wieder im Hotel waren. Nachdem sie mitten in Stuttgart, auf der Königstraße auf einer Bühne von Tausenden Menschen gefeiert worden waren. Auf dieser Bühne werden bei der Kunstturn-WM die Medaillen verteilt, hier erhielten die deutschen Turner Bronze für ihren Auftritt im Teamfinale. Es war die erste WM-Mannschaftsmedaille seit 1991, Chef-Bundestrainer Andreas Hirsch sagte: „Das hier, das war mein Traum.“

Jetzt sind die Deutschen in den Kreis der Weltspitze aufgerückt, kurzzeitig jedenfalls. Mehr lässt sich nach diesem Triumph erstmal nicht sagen. Sie haben sich in dieser Top-Gruppe nicht etabliert, dafür sind zwei starke Ereignisse in wenigen Tagen einfach zu wenig. Wie diese Bronzemedaille einzustufen ist, wird sich bei den Olympischen Spielen zeigen, dort wird der Druck auf die Riege enorm sein. Hambüchen ist so einen Druck gewöhnt, aber andere im Team sind noch unerfahrener. Sie müssen erst beweisen, dass sie unter Druck nicht einknicken. Das gehört auch zu dieser Bronzemedaille. Denn diesen Triumph sicherten sich die Deutschen dank ihres Heimvorteils, dank eines phantastischen Publikums und dank ihres Mannschaftsgeistes. Und natürlich profitierten sie von Fehlern ihrer Gegner.

Die Deutschen hatten eine perfekte Aufholjagd geliefert. Nach dem ersten Gerät, dem Seitpferd, lagen sie noch auf Rang acht, dem letzten Platz. Das war erwartet worden, das Seitpferd ist die größte Schwäche der Mannschaft von Chef-Bundestrainer Andreas Hirsch. Und nach dem vierten Gerät hatten sie sich auch erst auf Platz sechs vorgeschoben.

Das fünfte Gerät, das Reck, das stärkste Gerät der Deutschen, bot die Chance, weiteren Boden gut zu machen. Philipp Boy turnte zuerst. Und verpatzte seinen Abgang. „Ich habe es versaut“, schoss es ihm durch den Kopf. Aber dann kamen die anderen auf ihn zu, sie listeten ihre Fehler auf, sie stützten den Teamkollegen. Robert Juckel, vor allem aber Fabian Hambüchen mit 16,125 Punkte für eine der schwierigsten Übungen der Welt am Reck, sorgten für Schadensbegrenzung. So sah es zunächst aus. Bis zwei US-Turner vom Reck fielen. Nun stand Deutschland plötzlich auf Rang drei. „Innerlich“, sagt Boy, „dachte jeder von uns an Bronze.“ Aber keiner durfte es sagen. „Wer von Platz drei sprach, dem wurde ein Brett vor den Mund genagelt.“ Denn noch stand das Bodenturnen an für die Deutschen. Und die Russen mussten ans Seitpferd, die Südkoreaner an die Ringe. „Jeder von uns wusste, dass wir nie und nimmer Platz drei erreichen würden, wenn die anderen durchturnen“, sagte Boy. Aber dann patzten die anderen, sie mussten nur die Nerven behalten, alle drei. Hambüchen war der letzte deutsche Turner, und als er seinen Abgang sicher stand, da ging der Jubel des deutschen Teams im Lärm von 8500 Zuschauern in der Schleyerhalle unter. „Ich dachte, jetzt fällt mir die komplette Hallendecke auf den Kopf“, scherzte Hambüchen später.

Gestern, beim Gewinn der Silbermedaille war das ähnlich – aber Fabian Hambüchen hatte sich ja schon an den Jubel gewöhnt.

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