zum Hauptinhalt
Peking 2008 - Turnen - Fabian Hambüchen

© dpa

Turnen: Am Ende Bronze für Hambüchen

Am Ende hat es für Fabian Hambüchen doch noch zu einer Medaille gereicht. Nach drei vierten Plätzen gewann Deutschlands bester Turner Bronze am Reck. Und war dennoch enttäuscht. Denn gerechnet hatte er mit Gold.

Als Fabian Hambüchen aus der Luft zurückgekehrt ist und wieder festen Boden unter den Füßen hat, huscht ihm kein Lächeln übers Gesicht, entfährt ihm kein Schrei der Erleichterung. Dabei ist er diesmal zum richtigen Zeitpunkt gelandet, nicht schon vorzeitig wie im Mannschaftsfinale und im Mehrkampf. Und er ist sauber heruntergekommen vom Reck. Doch all das zählt für ihn in diesem Moment nicht. Er denkt „Medaille ade", so erzählt er es später.

Hambüchen und die Medaille am Reck. Damit ist es in Peking bei den Olympischen Spielen doch noch etwas geworden, aber es ist für ihn die falsche, die bronzene. „Eine Medaille bei Olympischen Spielen gewonnen zu haben, ist schön. Aber ich war zu sehr auf diese verdammte Goldmedaille fixiert", sagt er. Am Reck zu gewinnen ist für ihn seit dem Weltmeistertitel im vergangenen Jahr in Stuttgart zum festen Vorhaben geworden. Damals hatte er seine Reckübung noch mit einem Jubelschrei beendet und seitdem die Schwierigkeit seiner Übung noch weiter erhöht. „Wenn es eine Medaille gibt, gibt es nur eine. Das war schon fast eine dumme Einstellung von mir", sagte der 20 Jahre alte Hesse, „wenn man sich gar nicht mehr über eine bronzene freut, muss man sich echt fragen, was man die letzten Tage und Monate gemacht hat."

Das Barrenfinale hätte ein gutes Aufwärmen sein können

Hambüchen war jedoch nicht der einzige, der mit einer Goldmedaille gerechnet hatte. Zur Übergabe der Medaillen stand Thomas Bach bereit, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes. Er nahm Hambüchen fest in den Arm und es schien eine Mischung zu sein aus Glückwunsch und Trost.

Das Barrenfinale eineinhalb Stunden vorher hätte ein gutes Aufwärmen für Hambüchen sein können. Eine Medaille – und der Druck wäre ein bisschen weniger geworden. Es fing auch gut an für ihn, er war als Dritter an der Reihe, und die beiden Turner vor ihm brachten ihre Übungen nicht sicher durch. Dann war er selbst dran. Eine kleine Korrektur bei einem Handstand und ein korrigierender Schritt beim Abgang waren die einzigen auffälligen Unsauberkeiten, Hambüchen ging in Führung. Von seinem Stuhl aus musste er sich seine verbleibenden fünf Konkurrenten beim Kampf um eine Medaille anschauen. Erst zog der Usbeke Anton Fokin an ihm vorbei, dann übernahm Yoo Wonchul aus Südkorea die Führung. Vor dem letzten Turner war Hambüchen Dritter, und das war der Chinese Li Xiaopeng. Er turnte fast fehlerlos – und gewann. Das bedeutete schon zum dritten Mal Rang vier für Fabian Hambüchen bei diesen Olympischen Spielen nach dem Mannschaftswettbewerb und dem Finale am Boden.

Das Reck war die letzte Chance

In seinem Gesicht war abzulesen, was das bedeutete. Alles hing vom Reck ab, der letzten Chance, dem letzten Turnwettbewerb bei diesen Spielen. Eine Stunde später wollte Hambüchen dann diese Chance einlösen. Doch seine Arme wirkten nicht so locker wie sonst. Gut möglich, dass er sich noch an seine letzten beiden Übungen am Reck erinnerte, als er vorzeitig vom Gerät ging. Mit seinem Onkel und Mentaltrainer hatte er sich noch eigens auf das Finale vorbereitet. „Das war mehr Arbeit als sonst", sagte der. Seinen ersten Flugteil turnte Hambüchen ordentlich, doch dann drehte er sich bei einem Teil in die falsche Richtung weiter und wurde mit Punktabzügen bestraft. Am Ende hatte seine Übung nicht mehr den eingeplanten Ausgangswert von 7,1 Punkten, sondern nur noch von 6,8. Mit diesen drei Zehnteln mehr hätte er noch Olympiasieger werden können. Das wurde nun der Chinese Zou Cai.

Hambüchen hätte jedoch auch noch Bronze verlieren können. Als letztes turnte der Italiener Cassina. Wenn der nicht zweimal in seiner Übung gewackelt hätte, dann wäre Hambüchen zum vierten Mal in diesen Tagen auf Platz vier gelandet. Hambüchen hielt es bei der Übung des Italieners auch nicht mehr auf seinem Stuhl. „Als ich auf Platz drei lag vor dem letzten Turner, ging mir schon ganz gut die Pumpe." Auf den Boden gekauert schaute er ihm beim Fliegen zu – und nahm seine Bronzemedaille anschließend mit einem süß-sauren Gesichtsausdruck hin.

Lob vom Vater

Sein Vater lobte ihn dennoch für seine Einstellung. „Fabian hat die Ohren nicht hängen lassen. Viele andere haben hier aufgegeben." Und Fabian Hambüchen sagte selbst: „Ich hebe mir noch was auf für London 2012. Wenn es da klappt, wäre es traumhaft. Wenn nicht, habe ich wenigstens einmal in meinem Leben eine Bronzemedaille gewonnen."

Jetzt brauche er erst einmal ein paar Tage, um das Geschehene zu verstehen. Als Favorit gestartet und zweimal vom Lieblingsgerät gegangen, Gold verloren und am Ende doch Bronze gewonnen – was Fabian Hambüchen in diesen Tagen an Dramatik erlebt hat, hätte für eine ganze Karriere gereicht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false