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Hambüchen

© dpa

Turnen: Gold trotz gefährlicher Gedanken

Fabian Hambüchen holt den EM-Titel am Reck, obwohl er sich "igrendwie müde" gefühlt hat.

Lausanne - Wenn Fabian Hambüchen zur Reckstange greift, dann vergisst er die Welt um sich herum völlig. So ist dem Turner aus Wetzlar entgangen, dass während seiner Europameister-Kür in Lausanne im Hintergrund ein Stück aus der Peer-Gynt-Suite des norwegischen Komponisten Edvard Grieg abgespielt wurde. „Wenn ich turne, dann bin ich so konzentriert, dass ich fast nichts mitbekomme“, sagte Hambüchen, nachdem er in Lausanne souverän seinen EM-Titel verteidigt hatte. Die vollständige Wahrnehmung seiner Umgebung setzte bei Hambüchen erst wieder ein, als er wie von einem Magneten angezogen wieder auf der blauen Kunststoffmatte gelandet war. Wie immer ballte der 20-Jährige dann seine Fäuste. Die Musik von Grieg war da längst schon im Jubel der Zuschauer untergegangen.

Den Interviewmarathon absolvierte Hambüchen anschließend so routiniert wie ein Sportler, der an den Erfolg gewöhnt ist. „Ich habe mich müde gefühlt“, sagte er, „trotzdem habe ich wieder den ganzen Medaillensatz voll.“ Das sollte heißen: Selbst wenn das Fleisch manchmal schwach ist, kann die mentale Stärke am Ende über den Sieg entscheiden. Mit der deutschen Mannschaft hatte Hambüchen am Samstag Silber gewonnen, zum Auftakt des Gerätefinales tags darauf Bronze am Boden. Der Höhepunkt war aber erneut das Reckfinale.

Während seiner Übung ging Hambüchen schon nach den letzten beiden Flugteilen durch den Kopf, dass es wieder etwas werden könnte mit der Goldmedaille. „Eigentlich ein gefährlicher Gedanke“, räumte er später ein. Seine nicht optimale körperliche Verfassung hatte Hambüchen dazu bewogen, die Schwierigkeit vom für ihn größtmöglichen Wert von 7,3 auf 7,0 zu reduzieren. Dass er am Ende dennoch 0,175 Punkte Vorsprung vor dem griechischen Silbermedaillengewinner Vlasios Maras hatte, war der Beweis dafür, dass dem Deutschen an seinem Lieblingsgerät in Europa zurzeit keiner ebenbürtig ist.

Als gültigen Test für die Olympischen Spiele wollte Hambüchen den Gewinn seines dritten kontinentalen Titels freilich nicht sehen. „Wir wissen ja nicht wirklich, was die Chinesen und Japaner in Peking zeigen werden. Ich habe den Traum, Gold bei Olympia zu holen“, sagte Hambüchen, „aber ich weiß auch genau, wie schwer das werden kann.“ Jürgen Roos

Jürgen Roos

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