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Einprägsame Technik. Der Spielstil von Jim Courier hat Wiedererkennungswert. Am nächsten Wochenende tritt er damit in Berlin auf.

© imago sportfotodienst

Turnier in Berlin mit Michael Stich und Jim Courier: Eine Schönheit wird wachgeküsst

Mit ehemaligen Grand-Slam-Siegern soll die traditionsreiche Tennisanlage des LTTC Rot-Weiß dauerhaft lebendig bleiben - dazu beitragen soll zudem ein einzigartiges Turnier-Format.

Wenn Markus Zoecke seinen Blick vom Schreibtisch hebt, kann er hinein ins kleine Heiligtum des deutschen Tennis schauen. Es gibt schlechtere Aussichten für einen Tennis-Manager, gerade jetzt, wo die Sonne scheint und auf dem Centre Court ein Spiel eines der weltbesten Jugendturniere läuft. Am nächsten Wochenende wird die gediegene Anlage des LTTC Rot-Weiß in Grunewald samt seines Juwels wieder die Blicke der internationalen Tenniswelt auf sich ziehen. Das letzte Mal, dass das Steffi-Graf-Stadion mit seinen 7000 Plätzen ausverkauft war, ist 13 Jahr her. Es war ein Schaukampf zwischen Boris Becker und Michael Stich.

Michael Stich wird in einer Woche wieder aufschlagen, wenn im renovierten Stadion das Grand Champions ausgetragen wird, ein in Europa bisher einzigartiges Turnier-Format. Neben Stich, Olympiasieger 1992 und Wimbledon-Sieger von 1991, werden der Australier Pat Cash (Wimbledon-Sieger 1987), der Franzose Henri Leconte (French-Open-Finalist 1988) und Jim Courier antreten. Der US-Amerikaner war insgesamt 58 Wochen lang die Nummer eins der Tennis-Weltrangliste und gewann vier Grand-Slam-Titel. Der LTTC Rot-Weiß schickt vier seiner Hochbegabten ins Rennen, wie Nachwuchs-Europameister Rudolf Molleker, Lenard Soha, Santa Strombach und Ribana Roth, die in einer Gesamtwertung mit den ehemaligen Weltklassespielern antreten. Am Sonnabend und Sonntag werden jeweils zwei Champions- und ein Junior-Einzel sowie ein Champions-Doppel ausgetragen.

Der sommerliche Wind vom Hundekehlesee trägt das Ploppen der Bälle der „Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaften“ aus dem Stadion hinein in Zoeckes Büro. Dieses Turnier hat Tradition und Niveau. Zwölf der 24 Grand-Slam-Sieger der vergangenen drei Jahre haben hier schon aufgeschlagen. Und nun werde „eine Brücke geschlagen von der Jugend zu den Legenden“, sagt Zoecke. Der frühere Davis-Cup-Spieler hat als Sportdirektor beim LTTC Rot-Weiß ein neuartiges Turnier-Konzept kreiert, das das Steffi-Graf-Stadion nicht nur wachküssen, sondern auf Jahre lebendig halten soll. „Mit den Allianz Kundler Grand Champions wollen wir etwas Innovatives für unseren Sport und etwas für Berlin machen“, sagt der 47-Jährige.

Jahrzehntelang gehörte der LTTC Rot-Weiß zu den besten Adressen im deutschen Tennis. Bis zu 50 000 Zuschauer zog es in einer Woche auf die 30 000 Quadratmeter große Anlage, wenn die Weltelite des Frauentennis die German Open (1979 bis 2008) ausspielte. Danach war es ziemlich still geworden um den altehrwürdigen Lawn-Tennis-Turnier-Club Rot-Weiß, der in sein 118. Jahr geht.

„Wir schaffen hier etwas, das mehr ist als nur ein Event. Wir schaffen Strukturen“, sagt Turnier-Organisator Frank Lichte. Sein Blick wandert durch das Steffi-Graf-Stadion, das jahrelang vor sich hindöste und maximal morbiden Charme verströmte. Vier bis sechs Wochen lang wurde dieses verwitterte Monument früherer Hochtage des deutschen Frauentennis einem gewaltigen Facelift unterzogen. Nun erstrahlt es in neuem Glanz. „Hier wurde jede Betonritze an Boden und Fassade gekärchert, die komplette Bestuhlung entrostet, geschliffen und mit frischer Farbe versehen“, erzählt Lichte.

„Das Ergebnis ist fantastisch“, sagt Werner Ellerkmann, der Präsident des LTTC. „Das quasi neue Steffi-Graf-Stadion stellt einen Neubeginn dar.“ Frank Lichte hebt vor allem die Eigenständigkeit des Projektes hervor. „Das ist eine reine Eigenproduktion des Vereins und seiner Mitstreiter. Entscheidend ist, dass wir gesund wachsen und keine Abhängigkeiten haben.“

Neben dem Legenden-Tennis wartet an den Turniertagen ein Public-Village mit zahlreichen, hochwertigen Food-Trucks und Live-Musik auf die Besucher. Mit diesem Event möchte Rot-Weiß gern wieder ins Bewusstsein der Stadt rücken. „Das ist der Weg nach vorn“, sagt Markus Zoecke, dem der Stolz, aber auch die Arbeit ins Gesicht geschrieben stehen. Der LTTC Rot-Weiß hat ein paar harte Jahre gebraucht, um wieder Halt unter den Füßen zu bekommen. „Es ist erstaunlich, wie sich der Verein in den vergangenen zwei Jahren entwickelt hat“, sagt Ellerkmann. Wachsende Mitgliederzahlen, Investitionen in die Anlage, Elite-Förderung. Zoecke spricht von Aufräumarbeiten auf allen Ebenen. Jetzt sei man wieder soweit, die Anlage der Öffentlichkeit zu präsentieren. „Rot-Weiß ist wieder da.“

Vor allem habe man es alleine geschafft, ohne Unterstützung des Berliner Senats beispielsweise. „Wir wollten erst einmal in Vorleistung gehen und zeigen, wozu wir als Verein in der Lage sind“, sagt der Sportdirektor, der zuvor viele Jahre die Tennis-Point-Academy in der Nähe Münchens betrieb, ehe er mit ihr nach Berlin umzog. „Ich denke, wir treffen den Nerv der Berliner, denn wir wollen dieses Event auf lange Sicht als eine feste Größe im Tennis-Kalender etablieren“, sagt Zoecke.

Dabei ist es sein Ziel, auch aktive Weltklassespielerinnen für diese Turnierform zu engagieren. Er denkt dabei an Sabine Lisicki und Andrea Petkovic. Die Darmstädterin Petkovic ist derzeit die Nummer 14 der Weltrangliste, die Berlinerin Lisicki, Mitglied bei Rot-Weiß, belegt Rang 19.

Jetzt aber bespielen erst einmal die Legenden das vielleicht schönste Tennisstadion Deutschlands. Und ganz nebenbei kann der LTTC Rot-Weiß auf seiner idyllischen Anlage mit zahlreichen Innen- und Außenplätzen sowie seiner Veranstaltungs-Infrastruktur wieder kompetente Voraussetzungen schaffen für ein großes internationales Frauen- oder Männerturnier – neben den Grand Champions versteht sich.

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