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Sport: Üben für den Notfall

Viele Verletzte: Beim Turnier in Paris bekommt die zweite Reihe der deutschen Handballer ihre Chance

Berlin - Auf die Bundesliga-Tabelle schaut Torsten Jansen schon lange nicht mehr. Der Blick darauf war für ihn zur Qual geworden. „Wir sind so gut besetzt, dass wir oben mitspielen müssten“, sagt der Handballer vom HSV Hamburg, „aber wir gurken auf Platz zehn herum.“ Gerade noch rechtzeitig, bevor der 29 Jahre alte Linksaußen zum Trainingslager der Nationalmannschaft nach Heidelberg reiste, gab es für den HSV doch noch das ersehnte Erfolgserlebnis: vor den eigenen Fans den Sieg im DHB-Pokal.

Dass sich Jansen dabei in sehr guter Form zeigte, registrierte auch Heiner Brand „mit Erleichterung“. Rund acht Monate vor der WM in Deutschland plagen den Bundestrainer ansonsten bereits derart viele Sorgen, dass er „über jeden einsatzfähigen Nationalspieler in guter Form froh“ ist. Bei dem hochkarätig besetzten Turnier im Palais Omnisports in Paris, bei dem die Deutschen am Freitag auf den EM-Dritten Dänemark, am Samstag auf Tschechien und am Sonntag auf Europameister Frankreich treffen, fehlen ihm zehn Spieler. Gestern musste der Magdeburger Kreisläufer und Deckungsstratege Oliver Roggisch wegen einer Handgelenksverletzung passen. Für den EM-Fünften ist dies ein weiterer Rückschlag, nachdem aus dem Stamm der Nationalmannschaft auch Florian Kehrmann, Markus Baur (beide Lemgo), Frank von Behren (Gummersbach), Michael Kraus (Göppingen), Andrej Klimowets und Oleg Velyky (beide Kronau/Östringen) nicht einsatzbereit sind.

Ursprünglich wollte Brand das Turnier in Paris zum Einspielen der Mannschaft nutzen. Gestern sprach er in Heidelberg nur von einer „Probe für eine Notsituation“. Die nachnominierten jungen Spieler wie Michael Spatz (Gummersbach), Michael Haas (Düsseldorf), Oliver Köhrmann (Wilhelmshaven), Dominik Klein (Großwallstadt) und Arne Niemeyer (Minden) sollen erstmals die taktischen Abläufe verinnerlichen, „und wir testen, wie sie sich im Team bewegen“. Brand macht aus der Not eine Tugend.

Mit den vielen Ausfällen, mit denen Brand seit Olympia 2004 in Athen permanent zu kämpfen hat, ist das eigentliche Vorhaben eines frühen Treffs der Nationalspieler am Montag nicht erfüllt worden. Die WM-Kandidaten sollten sich ausgiebigen Tests zur Überprüfung ihrer athletischen Werte stellen. Mehrmals hatte Brand nach der EM im Januar betont, dass „die Weltspitze wie Frankreich, Spanien oder Kroatien in der Athletik deutliche Vorteile hat“. Ob es durch spezielle Trainingspläne für jeden Spieler seitdem Fortschritte gab, weiß Brand nach Heidelberg nicht. „Durch die vielen neuen Spieler fehlen Vergleichswerte“, sagte Brand gestern. „Jetzt werden aber wenigstens die getesteten Spieler ihre speziellen Trainingspläne bekommen.“

Ähnlich wie jetzt war die Situation vor dem Turnier in Paris 2005. Mit entsprechenden Folgen, denn das DHB-Team lag in den Spielen zeitweise weit zurück. „Da haben die Spieler das Kämpfen gelernt, das sie dann später demonstrierten, vor allem bei der EM“, nannte Brand vor der Abreise nach Paris einen möglichen positiven Effekt. „Wir hätten auch in Bestbesetzung Schwierigkeiten gegen Europameister Frankreich gehabt. Jetzt ist es wichtig, zu sehen, wie die zweite Reihe spielt“, erklärte er. „Ich hoffe, dass wir beim nächsten Mal vollständig antreten können.“ Spätestens am 10. und 11. Juni gegen Weltmeister Spanien in Mannheim und in Offenburg. Dann ist die Bundesligaserie beendet. Damit ist Torsten Jansen, der bestens motivierte Hamburger, auch von dieser Qual befreit.

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