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Hände hoch. Alexander Winokurow fuhr allen Konkurrenten bei der Entscheidung im Straßenrennen der Radsportler davon.

© dapd

Update

Überraschungssieger: Winokurow gewinnt Straßenrennen der Radprofis

Nichts zu holen für die Sprinter. Das Straßenrennen der Radsportler wurde aus einer Spitzengruppe heraus entschieden - der Sieger stand schon zwölf Jahren auf dem olympischen Podest.

Das nennt man klassisch verzockt. Als Mark Cavendish die Ziellinie überquerte, waren die Medaillen des olympischen Straßenrennens schon lange verteilt. Das englische Superteam um Toursieger Bradley Wiggins und Weltmeister Cavendish hatte schlicht zu lange versucht, das Feld zu kontrollieren und die entscheidenden Attacken beim letzten von neun Anstiegen zum Box-Hill verpasst. Es waren 50 Kilometer vor dem Ziel zu viele Ausreißer.

Am Ende gewann der Kasache Alexander Winokurow zum Ende seiner Karriere Gold, und das nach vielen Betrugsvorwürfen während seiner Karriere und einer abgelaufenen Dopingsperre. Silber holte der Kolumbianer Rigoberto Urán, Bronze sicherte sich der Norweger Alexander Kristoff. „Unglaublich – und das hier“, jubelte Winokurow.

Den Gastgebern der Spiele blieb in Sichtweite des Buckingham Palace nur die bittere Erkenntnis, dass alle Klasse nichts nützt, wenn man sich zu überlegen fühlt und taktisch überrumpeln lässt. Im Windschatten der Briten platzten auch deutsche Medaillenträume. Das Team um Sprinter André Greipel hatte sich zu lange an den neuen Radheroen orientiert und ebenfalls den Anschluss verpasst.

Das Rennen sollte für die Engländer der erhoffte stimmungsgeladene Start in die Spiele werden – am Straßenrand war es das auch. Die bisherigen vier Profirennen bei Olympia waren allesamt stimmungslose Touren über Strecken, die meistens nur von Sicherheitsleuten gesäumt wurden. Zuschauer gab es in Atlanta, Sydney, Athen und Peking nur an Start und Ziel – und da auch nicht viel. Im Südwesten Londons brodelte dagegen Tour-de-France-Stimmung, der Sieg von Bradley Wiggins hat die Engländer euphorisiert, rund um den Box-Hill drängten sich die Fans in Fünferreihen am Straßenrand. Ein Volksfest wurde in der Grafschaft Surrey gefeiert, und das auch noch bei Sonnenschein. Geschätzt eine Million Zuschauer waren dabei – das wäre ein Allzeitrekord für einen einzelnen olympischen Wettbewerb.

So außergewöhnlich die gewaltige Kulisse, so ungewöhnlich lief das Rennen. Normal lässt die Elite olympische Exoten sich erst einmal vorne austoben. In London war das anders. Am Start war es noch ruhig, aber nach 30 Kilometern wurde es ernst. Zwölf Mann setzten sich ab, darunter Spitzenprofis wie der Russe Denis Mentschow, Janez Brajkovic (Slowenien) oder der Australier Stuart O'Grady. An dem zweieinhalb Kilometer langen Anstieg, der neunmal zu fahren war, sah man immer wieder Tony Martin ganz vorne. Doch nach 180 Kilometern stieg er, wie erwartet, erschöpft aus. Knapp 50 Kilometer vor dem Ziel lag auf einmal der Belgier Philippe Gilbert gut 45 Sekunden vor den großen Favoriten. 40 Kilometer vor dem Ziel ging aber auch Gilbert die Kraft aus – es gab eine neue Spitzengruppe. Auf der Zielgerade kämpften dann nur noch Winokurow und Urán um den Sieg.

Jürgen Löhle

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