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Sport: Uefa-Cup: Ein Tscheche bezwingt elf Tschechen

Andreas Brehme nahm Anschauungsunterricht. Per Video führte sich der Teamchef alle Tore vor, die Vratislav Lokvenc letzte Saison in der tschechischen Liga mit Kopf oder Fuß für Sparta Prag erzielt hatte.

Andreas Brehme nahm Anschauungsunterricht. Per Video führte sich der Teamchef alle Tore vor, die Vratislav Lokvenc letzte Saison in der tschechischen Liga mit Kopf oder Fuß für Sparta Prag erzielt hatte. 22 in 23 Spielen. Zum (roten) Teufel: "Wann macht er endlich solche Tore auch für uns?" Innerhalb von fünf Tagen gab der Schlaks von 1,96 Meter die Antwort: 1:0 in Köln mit einem spektakulären Hackentrick, 1:0 gegen Slavia Prag mit einem diagonalen Volleyschuss. Zwei Siege für den 1.FC Kaiserslautern dank Lokvenc. Brehme konnte sich entspannen, fand er sich doch bestätigt, den möglichen Transfer des Hünen im Winter zu Racing Straßburg verhindert zu haben: "In einer Woche hat sich Lokvenc richtig akklimatisiert. Er hat gezeigt, dass er ein großer Spieler ist. Wir werden noch viel Freude an ihm haben." Ein Tscheche hatte also gegen Tschechen die Pfälzer ins Viertelfinale des Uefa-Pokals geschossen, wo am 8. (daheim) und 15. März der PSV Eindhoven der Gegner ist. Den Holländischen Meister hat Kaiserslautern noch in schönster Erinnerung. In der Champions League 1998/99 siegte der FCK zweimal, 2:1 und 3:1.

Kein schlechtes Gewissen plagt den Tschechen, dass er seine Landsleute aus dem Uefa-Cup geschossen hatte. Im Gegenteil: "Die Fans von Sparta werden sich riesig freuen", sagte Lokvenc. Insgesamt acht Tore hatte er zuvor schon gegen den Stadtrivalen erzielt, "darunter drei entscheidende", erzählte Lokvenc. Sparta und Slavia leben in Prag in Rivalität wie Bayern und die Sechziger in München. Am meisten freute er sich für sich selbst. "Ich habe lange darauf gewartet, dass wieder Tore von mir fallen."

Das hat auch mit dem umtriebigen Draufgänger Miroslav Klose als Sturmpartner zu tun. Der etwas lethargische Spätstarter und der so unbekümmerte Shooting Star harmonieren und ergänzen sich prächtig. Die sprachliche Verständigung klappt perfekt. "Wir reden Polnisch", verriet Klose, gebürtiger Pole. "Das funktioniert ganz gut mit uns. Jeder profitiert vom anderen." Wie beim Tor in der 59. Minute: Flanke Strasser, Kopfball Klose, Volleyschuss Lokvenc. Eigentlich hätte der Neuling im Kader der deutschen Nationalmannschaft zu diesem Zeitpunkt nach zwei rüden Tritten schon außer Gefecht sein müssen. Doch Klose ist nicht nur ein großes Schlitzohr, sondern auch ein harter Hund. Trotz einer äußerst schmerzhaften Prellung auf dem linken Spann hielt er durch. Zur Pause nahm er eine Tablette und wollte unbedingt weiterspielen, "so lange es geht". Und dann habe er nichts mehr gespürt. "Der Junge hat sich durchgebissen", sagte Brehme beeindruckt. Wehleidigkeit kennt der "Harry Potter des deutschen Fußballs" (FAZ) nicht. Miroslav Klose: "Ich stehe immer wieder auf. Mich bringt keiner vom Platz."

Platzherr war, man höre und staune, Mario Basler. Chronisten können sich nicht erinnern, wann Basler, der eher zum Spaziergänger als zum Marathonläufer neigt, so viel, so unverdrossen, so kräftezehrend gelaufen ist. Als würde Basler nach Kilometergeld bezahlt, schleppte der Kapitän in zentraler, defensiver Mittelfeldposition unermüdlich Bälle nach vorn. "Held der Arbeit", applaudierte die "FAZ".

"Die Defensivarbeit bleibt bei unserer so offensiv ausgerichteten Mannschaft an mir hängen. Aber damit habe ich keine Probleme", sagte Basler. "Ich stelle mich zur Not auch ins Tor." Jetzt träumt er vom Uefa-Cup-Finale im Dortmunder Westfalenstadion. "Dort wollen wir hin", sagte Basler.

Hartmut Scherzer

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