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Hertha_Drobny

© dpa

Uefa-Cup: Hertha muss einen Abend Raubein sein

Um heute Abend im Uefa-Cup gegen St. Patrick weiterzukommen, darf Hertha sich nicht viel gefallen lassen. Denn im starken Kontrast zu ihrem Spitznamen "SuperSaints" sind die Gegner aus Irland alles andere als Heilige auf dem Rasen.

Am vergangenen Mittwoch, Hertha BSC hatte gerade unglücklich 1:2 in Dortmund verloren, machte Arne Friedrich eine seltsame Bemerkung. Es ging dabei um den Stil der Dortmunder: kampfbetont, nein, „unfair“, sagte Friedrich, nicht nur mit den Beinen, „was glauben Sie, wie die uns beschimpft haben“. Ja, Fußball ist zuweilen ein die Gesetze des Anstands verletzendes Spiel. Der Fan auf der Tribüne bekommt von Details nicht viel mit, aber er registriert sehr wohl, ob die da unten dagegenhalten oder sich einschüchtern lassen. Hertha BSC, so viel lässt sich nach ein paar Wochen der Saison 2008/09 sagen, gehört eher nicht zu den Mannschaften, die besonders viel vertragen.

Auch unter dem Eindruck der jüngsten Niederlagen gegen Dortmund und Cottbus monierte Herthas Trainer Lucien Favre, dass seine Spieler „manchmal ein bisschen zu lieb sind“. Na, da werden sie sich freuen am Dienstagabend in Irland, zum Rückspiel in der ersten Runde des Uefa-Cups bei St. Patrick’s Athletic (18 Uhr, live im DSF). Die Fußball-Nation Irland hat Roy Keane hervorgebracht, das raueste aller Raubeine, dem man in den Neunzigern bei Manchester United alles Mögliche nachsagen konnte, nur nicht, dass er zu lieb war. Ohnehin stehen die Iren nicht im Verdacht einer allzu sentimentalen oder verspielten Beziehung zum Fußball. Fleißig pflügte die Belegschaft des St. Patrick’s Athletic Football Club beim Hinspiel vor zwei Wochen den Rasen des Olympiastadions um. Viel Kampf, wenig Kunst, „aber sie haben Qualitäten, mit denen sie ein Spiel noch wenden können“, sagt Favre.

Die Fußballspieler des Dubliner Vorortklubs tragen den großspurig erscheinenden Spitznamen SuperSaints, und sie wähnen sich trotz ihrer bescheidenen Vorstellung bei der 0:2-Niederlage im Hinspiel keineswegs vor dem Aus. Der Korrespondent des „Irish Independent“ nennt die Tage rund um das Spiel gegen Hertha „eine der aufregendsten Wochen in der Klubgeschichte“, und die währt immerhin schon seit 1929. Am Freitag stimmte sich St. Patrick mit einem 2:0-Sieg im Pokal-Viertelfinale gegen Sporting Fingal ein. Die Richtlinien der Uefa zwingen die SuperSaints, zum Spiel gegen Hertha aus dem winzigen Richmond Park im Dubliner Stadtteil Inchicore in das Stadion der Königlichen Gesellschaft umziehen. Dort wird sonst geritten oder Rugby gespielt und mit Sicherheit eine andere Atmosphäre herrschen, als man sie aus deutschen Stadien kennt. Zum Aufwärmen spielen die irischen Klubs gern Johnny Cashs „Ring of Fire“, auf den Tribünen werden schon mal bengalische Feuer abgebrannt und alkoholfreies Bier hält man hier für die dümmste Erfindung seit dem Teebeutel.

Lucien Favre befürchtet, „dass uns in Dublin ein Orkan erwartet“. Das könnte, nach der beschaulichen Stille beim indiskutablen 0:1 gegen Cottbus, durchaus stimulierend wirken. Sollten die Berliner nicht zu lieb auftreten, könnten sie ihre internationalen Verpflichtungen zum ersten Mal seit der Champions-League-Teilnahme vor acht Jahren zur Bewältigung einer nationalen Krise nutzen. Zuletzt hat der Uefa-Cup Hertha nur Hohn und Spott eingebracht, bei Niederlagen gegen europäische B-Prominenz wie Boavista Porto, Rapid Bukarest oder Groclin Grodzisk. Einmal erst hat Hertha aus dem Uefa-Cup bleibenden Wert geschöpft. Das war am 6. Dezember 2001, als Hertha sich gegen Servette Genf aus dem internationalen Geschäft verabschiedete. Damals wurde Hertha auf einen jungen Trainer aufmerksam, der die deutlich schlechter besetzten Genfer zu einem 3:0-Sieg in Berlin geführt hatte. Fünfeinhalb Jahre später holte Hertha diesen Lucien Favre nach Berlin.

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