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Sport: Um Millimeter

Andreas Klöden muss sich im Sprint nur knapp dem Holländer Pieter Weening geschlagen geben – und T-Mobile demonstriert Stärke

Es war kein Platz mehr in Pforzheim. 70 000 Fans verfolgten gestern in der Innenstadt den Start der achten Etappe der Tour de France nach Gérardmer. Von der Stimmung ließ sich sogar Lance Armstrong anstecken. „Die Zuschauer sind großartig“, sagte der sechsmalige TourSieger aus den USA bei der Vorstellung der Fahrer. Später, im Ziel in Frankreich, war Armstrong nicht so guter Dinge, obwohl er sein Gelbes Trikot verteidigt hatte. Denn Armstrong und sein Team Discovery Channel spielten nur eine Nebenrolle. Die Etappe wurde geprägt vom T-Mobile-Team, das fast zu seinem ersten Tagessieg bei dieser Tour gekommen wäre: Andreas Klöden musste sich im Sprint nur um Millimeter dem Niederländer Pieter Weening vom Team Rabobank geschlagen geben.

Es war eine unruhige Etappe, geprägt von Ausreißversuchen und begleitet von tausenden Zuschauern an der Strecke. Der erste Anstieg im Schwarzwald erinnerte wegen der vielen enthusiastischen Fans am Straßenrand an die berühmten Bergetappen nach Alpe d’Huez. Der interessanteste Ausreißversuch ereignete sich nach wenigen Kilometern, als der Berliner Jens Voigt vom CSC-Team dem Feld enteilte. George Hincapie verfolgte den Deutschen, wohl auf Weisung seines Kapitäns Armstrong. Voigt und der US-Amerikaner wurden mit ihren Fluchtgefährten wieder eingeholt, doch damit wurde es nicht minder turbulent. Schon bei den ersten Bergwertungen hatte Fabian Wegmann das am Tag zuvor eroberte Trikot des besten Bergfahrers wieder verloren. Ein Dutzend Ausreißversuche gab es, bevor am Col de la Schlucht der erste ernst zu nehmende Anstieg dieser Tour vor den Fahrern lag. An diesem Berg der zweiten Kategorie bekam Armstrong zu spüren, dass sich sein Team für ihn aufgeopfert hatte. Am letzten Berg musste er ohne seine Helfer wie Hincapie auskommen, die erschöpft zurückgefallen waren.

Auf dem letzten Gipfel spurtete Andreas Klöden an dem führenden Pieter Weening vorbei. Der Deutsche und der Niederländer bildeten auf der Abfahrt dann ein Duo. Im Zweiersprint gegen Klöden errang Weening, der zuvor im Windschatten des Deutschen gefahren war, einen kaum sichtbaren Sieg – der Niederländer hatte 9,6 Millimeter Vorsprung. Die Favoriten Armstrong, Ivan Basso, Ullrich und Winokurow kamen 27 Sekunden hinter den beiden Erstplatzierten ins Ziel.

Trotz des verpassten Tagessieges demonstrierte T-Mobile Stärke. Armstrong verlor zwar nicht das Gelbe Trikot, gewann aber eine Menge Respekt vor Ullrich und seinen Kollegen. „Wir hatten keinen guten Tag“, gab Armstrong zu. „Wir haben zwar noch das Gelbe Trikot, aber wir nehmen auch ein paar Beulen mit ins Hotel.“ Und dort, so Armstrong, müsse am Abend „über einiges geredet werden.“ Denn die Attacke auf ihn hatte Folgen: T-Mobile hat jetzt drei Fahrer unter den ersten zehn. Winokurow ist weiter Dritter (1:02 Minuten zurück), Ullrich schob sich auf Rang sechs vor (96 Sekunden Abstand), Klöden verbesserte sich auf Rang neun mit 110 Sekunden Rückstand.

Auch für einen anderen Deutschen endete der Tag erfreulich. Jens Voigt gewann den Sprint des Hauptfeldes und liegt im Gesamtklassement als Zweiter nur eine Minute hinter Armstrong.

Voigt wird als nicht so starker Fahrer im Hochgebirge mit dem Ausgang der Tour wenig zu tun haben – mit dem T-Mobile-Team verhält sich das vermutlich anders. „Andreas ist super gefahren. Unsere Taktik war es, zu attackieren. Ich sollte dabei auf Armstrong aufpassen“, sagte Jan Ullrich. Und Andreas Klöden fügte hinzu: „Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Wir müssen es immer wieder versuchen, denn jedesmal kann Armstrong nicht hinterherfahren.“

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