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Sport: Unabhängiger Jubel

Nach der Demokratisierung feiert die Ukraine die WM-Qualifikation für 2006

Als erste europäische Nation außer Gastgeber Deutschland hat sich die Ukraine für die Fußball-WM 2006 qualifiziert. Es ist die erste WM-Teilnahme für die Ukraine überhaupt. Vor der WM 1998 und 2002 waren die Ukrainer jeweils in den Play-off-Spielen gegen Kroatien und Deutschland gescheitert.

Ausgelassen feierten schon hunderttausende Fans zwischen Lwiw und Donezk die vermeintlich gesicherte Qualifikation, während aus dem fernen Tiflis die letzten Minuten des Spiels über die Großleinwände flackerten. Doch das Freistoßtor, mit dem sich Georgien in letzter Minute noch ein 1:1-Unentschieden sicherte, ließ die Jubelgesänge auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz ersterben. Ungläubig strich der ukrainische Nationaltrainer Oleg Blochin über seinen ergrauten Haarschopf und hob hadernd die Hände zum Himmel. Doch dank des 2:2-Ausgleichs der Dänen in der letzten Spielminute in der Türkei war die Qualifikation für das Team um Superstar Andrej Schewtschenko plötzlich doch wieder gesichert, der unbändige Jubel setzte wieder ein.

Als Europas Fußballer von 1975 hatte der heute 53-jährige Blochin bereits in den Siebziger- und Achtzigerjahren mit Dynamo Kiew Fußballgeschichte geschrieben. Die politischen Turbulenzen der so genannten „Orangen Revolution“ hätten die Ukraine beinahe ins Straucheln gebracht. Kurzzeitig schien es, als ob die neuen Machthaber den für die Oligarchen-Partei SdUP im Parlament sitzenden Blochin aus seinem Traineramt drängen wollten: Verärgert erklärt Blochin im März gar seinen Rücktritt.

Doch nachdem das Verfassungsgericht den Doppeljob Trainer/Parlamentarier für legal erklärt hatte, beruhigten sich die Gemüter. Die Nationalelf sei der „Stolz der Nation“ und die WM-Qualifikation für das Land genauso wichtig wie der Haushalt für das kommende Jahr, sagte der vom Rücktritt zurückgetretene Blochin. „Unsere Zeit ist gekommen.“

Thomas Roser[Warschau]

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