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Unantastbar: Das Sieger-Gen

Die Eisbären gewinnen auch, wenn es wie am Dienstag in Ingolstadt um nichts geht – und ihnen nur ein Rumpfkader zur Verfügung steht.

Viele Genüsse verlieren mit der Zeit, je öfter man sie erlebt, ihren Reiz. Die Lust aufs Siegen gehört vermutlich nicht dazu. Davon können die Eisbären jedenfalls gar nicht genug bekommen. „So ist der Charakter dieser Mannschaft“, sagt Hartmut Nickel. „Es ist unglaublich, wie stark sie gerade im mentalen Bereich ist.“ Mit ihrem unbändigen Willen beeindrucken die Berliner sogar ihren eigenen Kotrainer. Ganze 25 Punkte haben Nickels Eisbären in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) zwischen sich und dem Zweitplatzierten gelegt, und eigentlich könnten sie es seit Wochen ruhig angehen lassen. Eigentlich. Denn trotz allem gewinnen sie munter weiter – mittlerweile sogar mit einem Rumpfkader.

Beim 2:1-Erfolg am Dienstag in Ingolstadt liefen gerade mal 15 Feldspieler im Trikot der Eisbären auf. Nach Steve Walker, Florian Busch, Derrick Walser und Sven Felski hatte sich vor der Partie auch Travis Mulock abgemeldet: Adduktorenprobleme. Dass die Berliner deswegen nun verhaltener in ihre Begegnungen gehen, um die verbliebenen Profis zu schonen und vor weiteren Verletzungen zu schützen, ist jedoch nicht vorgesehen. „Sobald man anfängt, vorsichtiger zu handeln, hat man im Prinzip schon verloren“, sagt André Rankel, einer der wenigen gesunden Stürmer. „Außerdem mag es keiner von uns, ein Spiel abzugeben. Egal, ob es noch um etwas geht oder nicht.“

Die Eisbären besitzen offenbar so etwas wie ein Sieger-Gen. In den vergangenen 15 Spielen verließen sie nur dreimal als Verlierer die Eisfläche; die zurückliegenden vier Partien gewannen sie mit einer fast schon beängstigenden Selbstverständlichkeit – trotz Verletzungssorgen und dem längst sicheren ersten Platz in der Hauptrunde. Man könnte fast meinen, die Berliner spielen die ganze Saison über Play-offs – so leidenschaftlich, wie sie sich präsentieren. Doch was den Deutschen Meister auch dann antreibt, wenn es praktisch um nichts geht? „Unser Grundgedanke ist immer, am Ende der Saison den Pott zu holen“, sagt Kotrainer Hartmut Nickel. „Dafür muss man in jedem Spiel alles geben, alles andere wäre ein sportlicher Rückschritt.“

Fragt sich nur, wie die Eisbären erst auftreten, wenn sie um den wirklichen Reiz der DEL, die Meisterschaft, spielen.

Katrin Schulze

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