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Sport: Und der Clan ist immer dabei

Nach dem Fußbruch: Marcelinhos lange Reha-Zeit und die eingeschränkte Lebensqualität

Berlin. Es hat den Anschein, als ob er sich wohl fühlt. Marcelinho scherzt mit seinen brasilianischen Freunden, ganz in der Nähe sitzt sein Mannschaftskamerad und Landsmann Luizao, hinter ihm an der Wand klebt ein Hertha-Poster. Das Idyll trügt. Marcelinho sitzt da nicht in fröhlicher Runde, er liegt auf einer Massagebank. Sein rechtes Bein ist eingegipst. Unter dem Gips verbirgt sich der Fuß, der ihm seit Sonnabend so zu schaffen macht. Gebrochen beim 0:3 zum Saisonstart gegen den SV Werder Bremen. Nicht durch ein Foul eines Gegenspielers, sondern als Marcelinho im Rasen hängen blieb.

Die Spandauer Rehabilitationsklinik am Rande der Rieselfelder wird für Marcelinho in den nächsten Wochen zwangsweise sein zweites Zuhause. Sechs bis acht Wochen, so lautet die Prognose, wird es dauern, bis er wieder ins Training des Berliner Fußball- Bundesligisten einsteigen kann. „Bei normalem Heilungsverlauf“, schränkt Herthas Mannschaftsarzt Ulrich Schleicher ein. „Ich werde alles tun, damit es schneller geht“, sagt Marcelinho.

So präsentiert er sich dann auch als geduldiger Patient, noch zumindest. Drei bis vier Stunden wird der Brasilianer täglich in der Reha-Klinik behandelt. „Wir sind in der jetzigen Phase vor allem darauf bedacht, dass die Muskulatur nicht erschlafft und der Kreislauf stabil bleibt“, sagt Schleicher. Derweil massiert Physiotherapeut Thomas Sennewald die Beinmuskulatur des Patienten, der auch dabei ungerührt in sein Handy spricht.

Beider Hände bedarf es am Arm-Ergometer, mit dem der Kreislauf trainiert und kontrolliert wird. Oberkörper-Krafttraining und Lymphdrainage mit dem Ziel, die Schwellung am betroffenen Fuß abklingen zu lassen, stehen ebenfalls auf dem mehrstündigen Programm. Nach zwei, drei Wochen wird der Gips gewechselt und die Bruchstelle begutachtet.

In nächster Zeit ist Marcelinhos Bewegungsfreiheit beträchtlich eingeschränkt. Auf Krücken muss er sich fortbewegen, das Auto kann er nicht selbst fahren. Doch sein brasilianischer Clan lässt ihn nicht im Stich. Marcelinhos Verwandten und Freunde, mit denen er, seine Frau und seine Kinder in Charlottenburg ein Haus bewohnen, die ihn zum Training begleiten und auch wieder nach Hause fahren, für die er der große Geldgeber ist. Am Montag bahnte ihm der Clan durch die Schar der Fotografen den Weg in die Klinik, gestern wich er auch bei den Behandlungen nicht von seiner Seite. Am Rummel um seine Person nimmt Marcelinho weniger Anstoß als das Klinikpersonal. Das sandte einen Hilferuf an Herthas Pressesprecher Hans-Georg Felder, um allzu großen Wirbel zu stoppen.

Mit Fußball und seinen Teamkameraden wird Herthas Spielmacher in nächster Zeit keinen direkten Kontakt haben. Am Sonntag, noch ohne festen Gips, war er noch einmal dabei, als Trainer Huub Stevens Herthas missglücktes Saisondebüt analysierte. „In nächster Zeit wird man mich aber nicht beim Training sehen“, sagt Marcelinho. Es sei denn, die Zeit wird ihm zu lang.

Wenn Hertha am Sonntag in Stuttgart auf Wiedergutmachung aus ist, wird Marcelinho das Spiel live verfolgen – vor dem Fernseher. In der Zwischenzeit hält er sich via Satellit über das Fußballgeschehen in seiner Heimat auf dem Laufenden. „Fußball ist eben mein Leben“, sagt Marcelinho. Der Fußbruch hat ihm für ein paar Wochen ein gutes Stück Lebensqualität geraubt.

Klaus Rocca

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