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Sport: Und die Liga löchert

Nach neun Jahren spielt der ThSV Eisenach wieder in der Bundesliga – heute tritt er bei den Füchsen an.

Berlin - Die Bauarbeiter waren gerade abgerückt, da flogen bereits die ersten Bälle ins Netz. Bis kurz vor dem Punktspielauftakt hatten sie an diversen Baustellen in der Halle gewerkelt, das Parkett musste abgeschliffen, Lichtanlage und Anzeigetafel neu installiert werden, und auch an der Pressetribüne galt es Veränderungen vorzunehmen. „Bei unserer Rückkehr in die Bundesliga sollte alles perfekt sein“, sagt Thomas Levknecht, Vorstandsmitglied beim ThSV Eisenach. Schließlich hatte man in der 40 000-Einwohner-Stadt neun Jahre auf den Wiederaufstieg des Traditionsklubs gewartet, der heute (17.15 Uhr, Schmeling-Halle) bei den Füchsen Berlin antritt. Und wenngleich das erste Spiel gegen Hannover-Burgdorf unglücklich verloren ging (28:29), „haben sich die Anstrengungen in der Sommerpause schon allein wegen der Stimmung in der Halle und in unserer Stadt gelohnt", sagt Levknecht.

Der 54-Jährige gehört dem Eisenacher Verein seit der Umbenennung im Jahr 1990 an. Zu DDR-Zeiten firmierte der Klub unter dem Namen BSG Traktor und gehörte neben Magdeburg und Rostock zu den großen Handball-Standorten. „Ich habe viele Präsidenten und Trainer kommen und gehen sehen, war in guten und schlechten Zeiten dabei", sagt Levknecht. Was sich in diesem Sommer in Eisenach abspielte, war aber selbst für ihn neu. Der Klub, der nach einer überraschend guten Zweitliga-Saison eher unfreiwillig in die Bundesliga aufgestiegen ist, sah sich wenig später einem Forderungskatalog vom Liga-Dachverband HBL ausgesetzt, der alle im Verein rotieren ließ. „Bei unserem letzten Gastspiel in der Bundesliga mussten wir nicht annähernd so viele Auflagen erfüllen wie jetzt“, sagt Levknecht. „In neun Jahren hat sich da viel getan.“

Die meisten Probleme bereitete ein von der HBL eingeforderter Kameraraum. Man muss dazu wissen, dass die Halle des ThSV nur an drei Seiten über Tribünen verfügt, bei TV-Übertragungen hätte es also zwangsläufig Bilder von einer leeren Wand gegeben, was der Liga-Verband wiederum untersagt. „Wir haben dieses Problem ganz pragmatisch gelöst und einfach ein Loch in die Wand gehauen, an der keine Tribüne existiert“, sagt Levknecht. Das genügte der HBL aber nur bedingt, sie genehmigte den Umbau der Halle unter Vorbehalt. Immerhin dürfen die Eisenacher 14 ihrer 17 Heimspiele in der heimischen Spielstätte austragen. Wo die anderen drei stattfinden, ist im Moment noch ungewiss. Klar ist nur: in Thüringen gibt es keine erstligataugliche Handball-Halle.

Sollte der Verein trotzdem und entgegen aller Erwartungen in der Liga bleiben, kämen weitere Forderungen auf ihn zu. „Um langfristig alle Auflagen zu erfüllen, müssten wir eigentlich eine neue Mehrzweckhalle bauen“, sagt Levknecht, „aber dafür fehlt einfach das Geld“. Besagter neu geschaffener Kameraraum hat die Vereinskasse beim Letzten der Etat-Tabelle (1,5 Millionen Euro) bereits zusätzlich mit 100 000 Euro belastet. „Und große Finanzspritzen können wir auch nicht erwarten“, sagt Levknecht, der für die SPD im Eisenacher Stadtparlament sitzt. „Die Stadtkasse ist leer“, sagt er – und dass es sich mit der thüringischen Landeskasse ähnlich verhalte. Um dem ThSV ein Jahr in der stärksten Handball-Liga der Welt ermöglichen zu können, haben Stadt, Land und Verein in diesem Sommer schon alle Notgroschen akquiriert. In den Parlamenten, sagt Levknecht, wisse man um die Bedeutung des Klubs als Werbeträger.

Und was passiert nun, wenn der Klub direkt wieder absteigt? „Dann sind wir wirtschaftlich so solide aufgestellt, dass wir in Liga zwei auch Handball auf hohem Niveau anbieten können“, sagt Levknecht. Und ein Loch in der Hallenwand hätten sie auch noch – als Erinnerung an die letzte Bundesliga-Spielzeit. Christoph Dach

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