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Sport: Und jetzt kommt auch noch Glück hinzu

Falko Götz, der Trainer von Hertha BSC, hat in den vergangenen Wochen gelegentlich zu psychologischen Mitteln gegriffen, um seine Mannschaft zu Höchstleistungen zu motivieren. Gestern Nachmittag übernahmen diesen Job die Fans des Berliner Fußball-Bundesligisten.

Falko Götz, der Trainer von Hertha BSC, hat in den vergangenen Wochen gelegentlich zu psychologischen Mitteln gegriffen, um seine Mannschaft zu Höchstleistungen zu motivieren. Gestern Nachmittag übernahmen diesen Job die Fans des Berliner Fußball-Bundesligisten. Vor dem Spiel beim SV Werder Bremen hatten die Anhänger ein paar alte Bettlaken aus ihren Schränken hervorgekramt und zum einen "Barca, Porto, Mailand" darauf gepinselt und zum anderen "Westerlo, Genf, Stavanger" und dazu die rhetorische Frage: "Sekt oder Selters?", also Champions League oder Uefa-Cup? Vor ein paar Wochen hätten solche Fragen noch als Ausdruck von Größenwahn gegolten, inzwischen aber ist ein Platz unter den ersten drei keineswegs mehr utopisch. Durch den 3:0-Sieg im Bremer Weserstadion ist Hertha BSC zumindest bis heute Abend auf Platz vier der Tabelle vorgerückt.

Zum Thema Fotostrecke I: Bilder der Saison 01/02 Fotostrecke II: Hertha Backstage Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Wenn man nach den Ursachen für Herthas Aufschwung sucht, kommt man an Falko Götz, den Interimstrainer, nicht vorbei. Er hat bislang alles richtig gemacht, und jetzt hat er auch noch Glück dazu. Götz gelingt offenbar all das, was seinem zuletzt so glücklosen Vorgänger Jürgen Röber abhanden gekommen war. Da taumelten die von ihm betreuten Berliner im Bremer Weserstadion von einer Verlegenheit in die andere, der Sieg des SV Werder schien nur in der Höhe fraglich zu sein - und am Ende gewannen die Herthaner. "So ein Spiel kann man nur gewinnen, wenn man solch einen Lauf wie Hertha hat", sagte Bremens Trainer Thomas Schaaf. Unter Götz hat Hertha aus sechs Spielen fünf Siege, 16 Punkte und 20:2 Tore geholt.

Da kann einen wie Götz nicht einmal Herthas grausame Bilanz in Bremen schrecken. Nur ein einziges Mal hatten die Berliner bis gestern bei ihren 20 Gastspielen im Weserstadion gewonnen. "Statistik interessiert mich nicht", sagte Götz. Ihn interessiert auch nicht, was Spieler geleistet haben, bevor er sein Amt antrat. Er machte Michael Preetz wieder stark, auch Bart Goor und Stefan Beinlich, er gab Gabor Kiraly neues Selbstvertrauen, baute Thorben Marx und Denis Lapaczinski mit Erfolg ein. Und seit gestern kann er auch für sich in Anspruch nehmen, Alex Alves den Glauben an sich selbst und seine Torjägerqualitäten zurückgegeben zu haben. Der Brasilianer, schon gegen Kaiserslautern als Vorbereiter glänzend, durfte gestern seine Saisontore zwei (von seinem Landsmann Marcelinho vorbereitet) und drei (Bart Goor leistete die Vorarbeit) erzielen. Alves wusste, wem er seine neue Stärke zu verdanken hat. Bis zur Laufbahn rannte er, um Götz in die Arme zu springen.

Das erste Tor für die Berliner hatte Denis Lapaczinski erzielt. "Ich freue mich besonders für ihn, dass er uns auf die Siegesstraße gebracht hat", sagte Götz über das erste Bundesligator, das dem 20-Jährigen mit einem Fallrückzieher gelungen war. Lob heimste auch Gabor Kiraly ein. Götz attestierte dem Ungarn eine "Weltklasseleistung". Wenn Werders Trainer Thomas Schaaf später meinte, seine Werderaner hätten mindestens sieben, acht Tore erzielen müssen, dann hatte Kiraly vier, fünf verhindert. Kaum ein anderer Bundesligatorhüter beherrscht die Fußabwehr so gekonnt wie der Mann mit den Schlabberhosen. Herthas alte und neue Nummer 1 hat unter Götz zur Stärke früherer Jahre zurückgefunden.

Natürlich hatte er in einigen Situationen auch das Glück auf seiner Seite. Zweimal rettete Pal Dardai, bei einem Kopfball von Bode möglicherweise hinter der Linie. Und dann kam der Abwehr höchst hilfreich entgegen, dass die Bremer auch mit den klarsten Torchancen nichts anfangen konnten, vor allem in der letzten Viertelstunde vor der Pause. "Es ist unser altes Problem: Wir können unsere Überlegenheit nicht in Tore ummünzen", sagte Schaaf. Vor einer Woche in Nürnberg, beim 4:0, konnten sie es noch. Gestern nicht, da "sind wir böse bestraft worden", klagte Schaaf.

Man kann darüber streiten, ob Herthas Sieg am Ende glücklich zustande gekommen war. Oder ob die Mannschaft so clever gespielt hat wie eine Spitzenmannschaft. Eigentlich ist es auch egal. "Es läuft halt zurzeit", sagte Denis Lapaczinski.

Klaus Rocca

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