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Sport: Und keiner hält sie auf

Bayern München reicht das „schwächste Heimspiel der Saison“, um harmlose Leverkusener 3:0 nach Hause zu schicken

München. Die Szene sagte mehr aus über den derzeitigen Zustand von Bayer Leverkusen als die vielen Worte von Manager Reiner Calmund: Bernd Schneider fällt in Minute 34 am Fünfmeterraum der Ball vor die Füße. Kein Verteidiger da, und der Tormann weit weg. Zeit genug, um sich den Ball zurechtzulegen, zu schauen, zu zielen und zu treffen. Natürlich sagte Calmund hinterher den Satz, den er in dieser Saison schon so oft ausgesprochen hat: „Letztes Jahr hätte man ihm die Augen verbinden können, und er hätte den getroffen.“

Es gab andere Szenen, mindestens drei, die zudem belegten, in welch grausiger Form sich der letztjährige Fast-Meister, -Pokalsieger, -Champions-League-Gewinner befindet: Es waren die Situationen, die zu den drei Gegentoren führten und die zum niemals auch nur ansatzweise gefährdeten Bayern-Heimsieg reichten. Dass den Bayern das Feiern diesmal nicht so leicht fiel, lag weniger an den sportfreien Vorkommnissen dieser Woche als vielmehr an der Verletzung von Michael Ballack. Der 26-Jährige zog sich einen Innenbandriss im linken Sprunggelenk zu und musste in der 22. Minute ausgewechselt werden. Ballack erhält für 14 Tage einen Gipsverband und fällt damit auch für das EM-Qualifikationsspiel der deutschen Nationalmannschaft am 29. März in Nürnberg gegen Litauen aus.

Nach dem Spiel schonten die Bayern ihren Gegner keineswegs. Da sagte doch Mehmet Scholl, nach dem Spiel, es sei dies „das schwächste Heimspiel seit langem“ gewesen, was den Leverkusenern, sollten sie es gehört haben, auf dem Heimweg noch lange in den Ohren geklungen haben muss.

Calmund setzte einen drauf und erklärte die Tatsache, dass Bayern schlecht spielt und doch gewinnt mit dem Satz: „Weil wir den Bayern alle drei Tore geschenkt haben.“ Womit er Recht hatte. Beim 1:0 nach kaum zwei Minuten durfte erst Giovane Elber den Ball weitgehend unbelästigt auf den startenden Claudio Pizarro spielen, dem wiederum einige eilige Schritte reichten, um den hüftsteifen Juan abzuhängen. Beim zweiten Tor schaute die Abwehr der Westdeutschen zu, wie Mehmet Scholl den Ball in den Strafraum hebelte, Willy Sagnol köpfte, Robert Kovac ablenkte und schließlich Giovane Elber vollendete. Zweiundzwanzig Minuten waren da vorüber. Später folgte noch das dritte Tor, als Bayer-Kicker Hanno Balitsch den Ball präzise auf Bayern-Spieler Zé Roberto passte, der ihn umgehend auf Giovane Elber weiterleitete, welcher dann sein 14. Saisontor erzielte (76. Minute). „Das war schon ziemlich einfach heute“, meinte ein reichlich verblüffter Michael Ballack.

Zwar mühten sich die Leverkusener gegen die Sparfußball-Bayern, wenigstens eine Art von Fußball zu präsentieren, kombinierten sich nach der Pause mitunter brauchbar durchs Mittelfeld, aber spätestens in Sichtweite des Strafraums war es vorbei damit. „Da war kein Feuer, kein Pep, kein absoluter Siegeswille. Dass wir verloren haben, ist nicht dramatisch, aber die Art und Weise, wie wir uns hier aufgegeben haben, die gibt zu denken“, sinnierte Manager Calmund hernach, während seine Angestellten erstaunlich gelassen blieben. „Was sollen wir uns verrückt machen“, fragte Bernd Schneider, schließlich habe man gegen den Tabellenprimus verloren.

Und auch Trainer Thomas Hörster reagierte wie ein Beamter am Freitagnachmittag: „Ich bin froh, dass München erledigt ist. Hier kann man verlieren."

Detlef Dresslein

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