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Sport: Und wieder nur 43 Stunden

Der Hamburger SV klagt über die kurze Pause zwischen Bundesliga und Uefa-Cup und attackiert die Liga

Im blauen Muskel-Shirt macht Frank Rost mächtig Eindruck. Seit der aus Leipzig stammende Torwart den Karriere-Herbst beim Hamburger SV verbringt, scheint der 34-Jährige noch ein bisschen kräftiger um den Oberkörper geworden zu sein. Rost hat seine Profikarriere mal als schmalschultriger Junge in Bremen begonnen und deshalb hat es den austrainierten Modellathleten am Sonnabend mächtig gewurmt, bei seinem ehemaligen Klub Werder Bremen mit 1:2 verloren zu haben. „Wir haben nicht ins Spiel gefunden“, kläffte der Keeper, „aber das ist auch kein Zufall.“

Generell ist es bei Niederlagen besser, einen wie Rost erst einmal in Ruhe zu lassen, doch diesmal stapfte der 1,94 Meter große Tormann freiwillig von Kamera zu Kamera. Rost wählte bewusst provozierende Worte. Er sprach über „Krawattenträger“, über „stocksteife Funktionäre“; über all die bösen, weil praxisfremden Herren bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und den Fernsehanstalten, die in ihrem Tun dafür verantwortlich seien, dass einem im Uefa-Cup gestressten Verein wie dem Hamburger SV das widerfährt, was auch nach Ansicht seines Trainers Huub Stevens nicht sein darf: nämlich nur 43 Stunden nach dem Gruppenspiel im internationalen Auftrag gegen Stade Rennes eine nationale Aufgabe anzugehen.

„Es kann nicht sein, dass in einem wichtigen Spiel, in dem es um die Meisterschaft geht, eine Mannschaft auf dem Platz steht, die nicht völlig fit sein kann“, schimpfte Stevens. „Die Müdigkeit sitzt in den Beinen. Du kannst dich nicht in 43 Stunden erholen“, maulte der Niederländer, für den es unstrittig war, dass mit Werder Bremen nicht die bessere, „sondern die frischere Mannschaft gewann“. Für ihn ist es ein Unding, dass in Deutschland nur zwei Sonntagsspiele stattfinden dürfen. Stevens sagte: „Daran sind die DFL und das Fernsehen schuld.“

Der Trainer des Hamburger SV rügte die fehlende Flexibilität im Spielplan, der allerdings von den Klubs auch so abgesegnet worden ist. Weil derzeit vier deutsche Teams im Uefa-Cup beschäftigt sind, müssen die Vereine wechselweise das Schicksal erleiden, das Hamburg am vergangenen Wochenende traf. Darunter litten auch schon Bayer Leverkusen und der FC Bayern bei ihren Niederlagen in Stuttgart. Deshalb verwunderte es kaum, dass auch Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge die Stevens-Schelte stützte. „Ich finde es lächerlich, was sich die DFL mit dem Spielplan erlaubt“, rüffelte Rummenigge, „das ist Wettbewerbsverzerrung.“ Da müsse schnell eine Änderung her, sagte er.

Denn im neuen Jahr kann es noch schlimmer kommen: Landen Bremen und Schalke in der Champions League auf Rang drei, spielen zu Beginn des Jahres 2008 möglicherweise maximal sechs Bundesligisten im Uefa-Cup mit. Die Spielplangestalter der DFL könnten in diesem Fall gar nicht anders, als bis zu vier Teams eine Kurzzeit-Zwangspause von nur zwei Tagen aufzudrücken.

Stevens klagte in ungewohnter und deutlicher Schärfe. Der Hamburger SV sei von den Sonnabend-Spielen nach Donnerstag-Einsätzen oder Freitag-Partien nach Länderspielen bereits „das fünfte Mal“ betroffen. Sportchef Dietmar Beiersdorfer gab zu bedenken, „dass künftig deutsche Mannschaften absichtlich im Uefa-Cup verlieren könnten, wenn das so weitergeht“. Generell sei es „ein No-Go“, weniger als 48 Stunden nach einem Europapokalspiel nationale Pflichtspiele zu terminieren. Stevens kündigte schon an, am Mittwoch im Uefa-Cup bei Dinamo Zagreb nicht die beste Mannschaft zu nominieren.

Liga-Präsident Reinhard Rauball verwies auf den Beschluss aller Vereine, sechs Spiele am Sonnabend und zwei am Sonntag auszutragen. „Die Bayern werden im Dezember 2005 nicht daran gedacht haben, dass sie im Uefa-Pokal mal Terminprobleme haben“, sagte Rauball im DSF. „Die haben sich vermutlich in der Champions League gesehen.“ Rauball kündigte aber auch an: „Ich verspreche, dass wir uns sehr schnell mit den Fernsehanstalten in Verbindung setzen, ob es hier eine Möglichkeit gibt, etwas zu tun.“

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