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Sport: Unergiebiges Schneetreiben

Die Fernsehmisere des Deutschen Skiverbandes fordert weitere Opfer – ein Ausweg ist noch nicht in Sicht

Berlin - Es läuft in letzter Zeit ein wenig unglücklich für den Ruhpoldinger Bären. Das Tier, das im Herbst des Jahres 1835 erlegt worden ist und im Münchner Naturkundemuseum ausgestellt ist, durfte über ein Jahrhundert lang den Titel „Letzter auf deutschem Boden erlegter Braunbär“ führen. Dann drang im vergangenen Jahr der Schadbär Bruno nach Schliersee vor und kam dort ebenfalls gewaltsam zu Tode. Der Titelträger war entthront, doch immerhin erinnerte die Gemeinde Ruhpolding weiterhin an ihn, indem sie den jährlichen Weltcup der Nordischen Kombination nach dem Ruhpoldinger Bären benannt hat – und jetzt soll dieser Weltcup aufgrund der angespannten Finanzen im Deutschen Skiverband (DSV) nach Schonach verlegt werden.

„Das ist ganz schön bitter“, sagt Herbert Fritzenwenger, Zweiter Vorsitzender des Skiclub Ruhpolding. Der ehemalige Biathlet fühlt nicht so sehr mit dem Ruhpoldinger Bären als vielmehr mit seiner Gemeinde. „Es ist schon viel Geld in die Vorbereitung geflossen, es werden Zuschauereinnahmen und Sponsorengelder fehlen, und die Werbung für Ruhpolding im Fernsehen ist nur schwer zu bezahlen“, erklärt Herbert Fritzenwenger. Ruhpolding muss dafür büßen, dass der Deutsche Skiverband (DSV) in finanziellen Schwierigkeiten steckt, weil die Fernsehrechtsituation für die aktuelle Wintersaison bis zum heutigen Tag nicht gelöst ist. Nun versucht der Verband, den Ruhpoldinger Kombinationsweltcup mit dem Schonacher zeitlich zusammenzulegen und das Tour-de-Ski-Programm in Oberstdorf auf einen Tag zu komprimieren, um die Übertragungen für die Fernsehanstalten effektiver zu gestalten. Immerhin scheint der Vierschanzentournee nicht das gleiche Schicksal zu drohen.

ARD-Sprecher Christian Bauer bestätigt eine Meldung, wonach sich die Intendanten gemeinsam mit der Rechteagentur Infront und dem Deutschen Skiverband am Freitag darauf verständigt hätten, die Vierschanzentournee zu übertragen. Nun müsse mit dem ZDF gesprochen werden. Die ARD wolle 3,5 Millionen Euro bezahlen, das ZDF soll drei Millionen Euro bieten. „Ich gehe davon aus, dass das in der nächsten Woche entschieden ist“, sagt der ARD-Sprecher. Doch der DSV dementiert. „Die Zahlen liegen vollkommen daneben“, sagt Verbandspräsident Alfons Hörmann, „es ist noch nichts entschieden.“ Besonders empört ihn die Meldung, wonach der DSV dem Fernsehsender RTL aufgrund eines Vertragsverstoßes sechs Millionen Euro zahlen wolle. „Es gibt keinen Vertragsverstoß“, sagt Hörmann, „eine Rückvergütung sehe ich überhaupt nicht.“ Er streitet mit RTL um ein „Matching Offer Right“ im ausgelaufenen Fernsehvertrag, das dem Privatsender das Recht zusichert, den neuen Fernsehvertrag mit Infront einzusehen und mitzubieten. „Der DSV hat dieses Matching Offer Right nicht ernst genommen“, sagt Herbert Fritzenwenger. In der Öffentlichkeit wird bereits der Rücktritt des Skipräsidenten Alfons Hörmann gefordert, zumal die Vertragslage mit RTL seit langem bekannt war. Doch dieser wehrt sich.

„Es war kein Alleingang von mir, wir haben alles von Beginn an mit sechs Personen entschieden“, sagt Hörmann, „das sind alles Profis, darunter zwei Juristen der Topklasse.“ Er würde alles wieder so entscheiden. „Wir haben aus unserer Sicht keine Fehler gemacht“, sagt Hörmann. Vielmehr seien die Ursachen für die Misere bei den Fernsehanstalten zu suchen, die ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen versuchten. „Das ist eine bittere Lebenserfahrung für mich“, sagt Hörmann. Die tatsächlich Leidtragenden aber sind die Gemeinde Ruhpolding - und der 1835 geschossene Bär.

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