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Sport: Unerwünschte Serben

Die Handball-WM im Zeichen des Nationalismus

Die Stimmung war schon aggressiv, bevor es losging. Mit einem heftigen Pfeifkonzert wurde die serbische Handball-Nationalmannschaft gestern vor dem WM- Spiel gegen Deutschland im kroatischen Zadar bedacht: Die kroatischen Zuschauer übertönten die serbische Nationalhymne, die gerade abgespielt wurde. Am Anfang und am Ende wurden die Serben bei jedem Spielzug ausgepfiffen.

Die 80 000-Einwohner-Stadt Zadar war zu Beginn der 90er Jahre Schauplatz heftigen Artilleriebeschusses durch die Serben gewesen. Das war Momir Ilic, dem Rückraumstar der Serben, schon bei seiner Ankunft bewusst. „Es ist klar, dass nicht viele serbische Fans zu unseren Spielen kommen werden“, meinte Ilic. „Das ist vielen einfach zu gefährlich.“ Und das wurde es in der Tat: Am Freitagabend um 21.45 Uhr bestätigte sich diese Ahnung: Es gab eine telefonische Bombendrohung gegen das Vier-Sterne-Hotel Kolovare, in dem die serbische Mannschaft gemeinsam mit den anderen Teams der Gruppe (Deutschland, Dänemark, Norwegen, Mazedonien, Polen) Quartier bezogen hat.

Die Polizei gab umgehend Entwarnung. „Nach zehn Minuten war die Sache erledigt“, sagte Laura Jogadic, die kroatische Teamleiterin von Weltmeister Deutschland. „Da hatte die Polizei den Anrufer bereits geschnappt.“ Berichte, wonach die Mannschaft das Hotel nur in Begleitung der Polizei verlassen solle, dementierte Horst Bredemeier. „Wir haben das alles nicht mitbekommen, ich weiß von nichts“, sagte der Delegationsleiter des Deutschen Handball-Bundes (DHB) in Kroatien.

Am Freitagabend waren weitere Zwischenfälle mit politischem Hintergrund gemeldet worden. In der Innenstadt Zadars gab es heftige Prügeleien zwischen serbischen und kroatischen Gruppen. Autos mit serbischen Kennzeichen sollen demoliert worden sein. Bereits am Nachmittag hatte Bürgermeister Zivko Kolega die Flaggen aller 24 WM-Teilnehmer auf dem Marktplatz entfernen lassen. Hintergrund sollen heftige Proteste einheimischer Bürger gegen das Aufziehen serbischer Nationalsymbole gewesen sein. Der Auftritt des serbischen Handballteams erfordere gegenüber den kroatischen Einheimischen eine besondere Sensibilität, erklärte Kolega. Die Organisatoren erwarteten rund 1000 Fans aus dem Nachbarland.

Zadar gilt als eines der Zentren des kroatischen Nationalismus. Serbische Handballfans seien „unerwünscht“, hatten kroatische Extremisten vor dem Start der Hauptrunde erklärt. Zu frisch ist an der Adria noch die Erinnerung an den langen Bürgerkrieg, in dem Zadar als Nadelöhr zum kroatischen Süden nicht nur lange unter serbischem Beschuss gestanden hatte. Auch drehten die Serben der Stadt damals das Wasser ab und blockierten die Verkehrswege, weshalb auch das ökonomische Leben fast völlig zusammenbrach. „Die Wunden sind noch nicht verheilt, jeder hier in Zadar hat Verwandte verloren“, erklärt Velimir Kljaic, der die Kroaten 1996 als Trainer zum Olympiasieg führte. Der Hass der kroatischen Bevölkerung in diesem Landstrich auf die Serben ist immer noch groß. Aber alle Organisatoren der Handball-WM hoffen, dass er nicht in das Sports Centre Visnijk getragen wird, die neue futuristische Halle im Zentrum Zadars.

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